Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt:Mutmaßlicher Kontaktmann Amris in Berlin festgenommen

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Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wurde eine mögliche Kontaktperson des mutmaßlichen Attentäters vom Berliner Weihnachtsmarkt verhaftet.

Nach übereinstimmenden Informationen von Süddeutscher Zeitung und Spiegel ist ein mutmaßlicher Kontaktmann von Anis Amri in Berlin festgenommen worden. Die Bundesanwaltschaft hat inzwischen bestätigt, dass es im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Attentäter auf den Berliner Weihnachtsmarkt eine Festnahme in der Hauptstadt gegeben habe.

Nach einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft handelt es sich um einen 40-jährigen tunesischen Staatsangehörigen. Amri habe in seinem Mobiltelefon dessen Rufnummer gespeichert gehabt. Die weiteren Ermittlungen deuteten darauf hin, dass der Mann in den Anschlag eingebunden gewesen sein könnte.

Weitere Spurensuche führt nach Karlsruhe

Die Spurensuche nach den Aufenthaltsorten Amris führt die Ermittler auch nach Karlsruhe: Bei der Entlassung nach seinem kurzen Aufenthalt in der JVA Ravensburg im Sommer habe Amri als Wohnanschrift eine Adresse in Karlsruhe angegeben, sagte ein Sprecher des Justizministeriums. Zuvor hatten die Badischen Neuesten Nachrichten berichtet, dass Amri eine Karlsruher Adresse genannt hatte. Ob er in Karlsruhe tatsächlich auch gemeldet war, ist nicht klar. Die Stadt äußerte sich zunächst nicht. Die Bundesanwaltschaft sagte dazu nichts.

Amri war am 30. Juli mitten in der Nacht am Busbahnhof Friedrichshafen bei einer Routinekontrolle aufgegriffen worden. Da er zur Abschiebung anstand, wurde er in die JVA Ravensburg gebracht. Der zuständige Bereitschaftsrichter hatte angeordnet, dass er dort über das Wochenende bleiben sollte. Dort wurde die Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde Kleve abgewartet. Diese verfügte am 1. August die Entlassung Amris aus der Haft, da noch keine Passersatzpapiere aus Tunesien vorlagen.

Abschiebehaft wird nur als gerechtfertigt erachtet, wenn der Betroffene innerhalb von drei Monaten abgeschoben werden kann. Solche Verfahren mit Tunesien dauerten in der Regel aber sechs Monate oder länger, hatte dazu vergangene Woche ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums gesagt.

Ermordeter polnischer Lkw-Fahrer wird beigesetzt

Der bei dem Terroranschlag ermordete Lastwagenfahrer aus Polen wird an diesem Freitag in seiner Heimat beigesetzt. Das teilte sein Arbeitgeber, die Speditionsfirma Ariel Zurawski, auf Facebook mit. Nach der Obduktion in Deutschland untersuchten auch polnische Gerichtsmediziner in Stettin (Szczecin) den Leichnam des 37-Jährigen. Lukasz U. sei nicht schon Stunden vor dem Anschlag gestorben, teilte die örtliche Staatsanwaltschaft laut Medienberichten als Ergebnis mit.

Der mutmaßliche Attentäter Amri hatte den Lastwagen des Polen den Ermittlungen zufolge nachmittags am 19. Dezember entführt und abends als Waffe bei seinem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt eingesetzt. Lukasz U. wurde erschossen auf dem Beifahrersitz gefunden. Der Todeszeitpunkt "waren nicht die Nachmittagsstunden, von denen einige deutsche Medien schreiben", wurde Aldona Lema von der Staatsanwaltschaft Stettin vom polnischen Fernsehsender tvn24 zitiert. Die Bild-Zeitung hatte zuvor berichtet, dass der Fahrer schon Stunden vor dem Anschlag einen Kopfschuss erlitten habe. Die Zeitung hatte sich auf inoffizielle Erkenntnisse deutscher Gerichtsmediziner berufen. Allerdings lässt auch diese Darstellung die Möglichkeit offen, dass der Fahrer noch bis zu dem Anschlag gelebt haben könnte.

Bei der Rekonstruktion des Tathergangs gab es die Vermutung, dass der Lkw-Fahrer noch versucht haben könnte, dem Attentäter ins Steuer zu greifen. Polnische Medien feiern ihn als "Heldenfahrer". Der Trauergottesdienst für den Familienvater soll im Ort Banie bei Stettin stattfinden, dort wird er auch beigesetzt. Der Tote war am Dienstag nach Stettin gebracht worden.

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