Angriff auf Gaza-Hilfsflotte:Linken-Politiker geißeln Israels Führung

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"Kriegsverbrechen": Drei Linken-Politiker waren Augenzeugen des Angriffs auf den Gaza-Konvoi. Zurück in Berlin greifen sie Israels Führung scharf an.

Die bei der Militäraktion gegen die Gaza-Flotte festgenommenen Politiker der Linkspartei haben schwere Vorwürfe gegen Israel erhoben. "Das war kein Akt der Selbstverteidigung. Das war ein Kriegsverbrechen", sagte der frühere Bundestagsabgeordnete Norman Paech unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Israel in Berlin.

Wohlbehalten aus Israel zurück: Der deutsche Arzt Matthias Jochheim, die drei Linken-Politiker Annette Groth, Norman Paech und Inge Höger sowie Nadar el Sakka von der Palästinensischen Gemeinde Deutschland (von links). (Foto: dpa)

Ähnlich äußerten sich auch die Abgeordneten Annette Groth und Inge Höger. Die beiden Linken-Politikerinnen befanden sich wie Paech an Bord der Mavi Marmara. Das Schiff gehörte der Hilfsgüterflotte an, die in Richtung Gaza-Streifen unterwegs war und am Montag in schwere Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften verwickelt wurde. Groth und Höger stellten die von Israel genannte Zahl von neun Toten in Frage und sprachen von mindestens 18 Todesopfern. "Wir haben uns wie im Krieg gefühlt", schilderte Höger ihre Eindrücke. Der Einsatz der Marinesoldaten sei ebenso rechtswidrig gewesen wie die israelische Blockade des Gaza-Streifens, der von der radikalislamischen Hamas beherrscht wird.

"Wir waren zu friedlichen Zwecken auf dem Schiff. Niemand hatte ein Waffe. Wir wollten Hilfsgüter liefern", ergänzte Höger. Ihre Fraktionskollegin Groth sagte, sie seien Zeuginnen eines "barbarischen Aktes" geworden. "Das ist ein klarer Akt der Piraterie", sagte Paech und bestritt die israelische Darstellung, dass die Soldaten von Aktivisten angegriffen worden seien. "Von Selbstverteidigung zu sprechen, ist wirklich ein Hohn." Er persönlich habe "zweieinhalb Holzstöcke" gesehen, mit denen sich Aktivisten gegen das Militär zu Wehr gesetzt hätten. Mehr habe es an Bord nicht gegeben. Messer habe er nicht beobachtet.

Allerdings könne er nicht ausschließen, dass auch Eisenstangen von den Aktivisten benutzt worden seien. Gesehen habe er jedoch nichts dergleichen. Die Wucht der Miilitäraktion habe die Menschen an Bord des Schiffes völlig überrascht. "Mit dieser Brutalität haben wir nicht gerechnet", sagte auch seine Parteifreundin Höger. Ihr sei allerdings vorher klar gewesen, dass ihr keine "einfache Reise" bevorstehe. "Wir haben uns nicht auf einen derartigen Angriff vorbereitet", ergänzte Paech. Die Menschen an Bord hätten keine Gewalt angewendet. Gegen die israelischen Soldaten hätten sie auch keine Chance gehabt.

"Das war kein Akt der Selbstverteidigung. Das war ein Kriegsverbrechen", sagte der frühere Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Norman Paech, unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Israel am Dienstag in Berlin. (Foto: dpa)

Der deutsche Arzt Matthias Jochheim, der sich ebenfalls an Bord des Schiffes befunden hatte, sagte, er habe mit eigenen Augen vier Tote gesehen. Diese hätten Schusswunden aufgewiesen. Ein ägyptischer Arzt habe ihm später von einem weiteren Toten berichtet. "Die darüber hinausgehende Zahl kann ich nicht bestätigen." Höger sagte, die israelische Regierung habe kein Interesse daran, die hohe Zahl der Opfer öffentlich zu machen.

Einige der sechs noch vermissten deutschen Gaza-Aktivisten, die an Bord des angegriffenen Schiffskonvois waren, sitzen wahrscheinlich im israelischen Gefängnis Beerscheba. Diesem Hinweis der israelischen Behörden gehen zurzeit Mitarbeiter der deutschen Botschaft vor Ort nach, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin am Dienstag der Nachrichtenagentur DAPD sagte. Die Schiffe hatten nach der gewaltsam gestoppten Hilfsaktion für Gaza den israelischen Hafen Aschdod anlaufen müssen.

© sueddeutsche.de/Reuters/DAPD - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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