Angela Merkels Führungsstil:Ironie und subtile Intrige

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Angela Merkel ist keine Ego-Politikerin, sondern eine pragmatische Machtmaschine mit menschlichem Antlitz. Trotz Kritik an ihrem Führungsstil wird alles so bleiben, wie es ist.

Kurt Kister

Angela Merkel ist eine höchst pragmatische Machtmaschine mit menschlichem Antlitz. Während Gerhard Schröder und Helmut Kohl mit fortschreitender Amtsdauer immer misstrauischer wurden und immer autoritärer zu werden versuchten, lächelt sich Merkel durchs Kanzlerleben - heute noch mehr als vor drei Jahren.

Angela Merkel lächelt sich durchs Kanzlerleben. (Foto: Foto: AP)

Die entscheidenden Bezugspunkte machthabender Männer sind meistens nicht Überzeugungen, sondern das jeweilige Ego, was man trefflich an der großen Menagerie der einst Bonner, jetzt Berliner Ego-Tiere von Strauß und Kohl über Fischer und Schröder bis Westerwelle und Lafontaine sehen kann.

Sicher, es gibt unter Spitzenpolitikerinnen auch Egozentrikerinnen. Die Egomanen aber sind in aller Regel Männer. Sie glauben, dass sie wegen ihrer ganz persönlichen Eigenschaften so hoch gestiegen sind, sie wollen stets recht haben und halten Fehler für weniger schlimm als Spott und Lächerlichkeit. Sie beharren besonders gerne darauf, "klare" Standpunkte zu vertreten.

Wenn man Merkel nach ihren Grundüberzeugungen fragt, spricht sie über weit interpretierbare Werte - die Freiheit etwa oder das christliche Menschenbild - , die allerdings keinen politischen Standort definieren, sondern eine breite Ebene, auf der sich nur die nicht wiederfinden, die ganz bewusst nicht da sein wollen, wo Merkel überall sein kann. Merkel will die Union nicht nach links führen, sondern ihre Partei soll mobil auf der breiten Ebene zu Hause sein, die Platz hat für Ole von Beust, aber auch für Stefan Mappus. Im April werden es zehn Jahre, dass Merkel die CDU führt; die Hälfte dieser Zeit war sie auch Kanzlerin. Es spricht vieles dafür, dass sie in beiden Ämtern noch länger verbleiben wird.

Eine Chefin mit einer so variablen politischen Geographie ist regelmäßig dem Vorwurf ausgesetzt, sie sei beliebig und führe nicht. Kritik an mangelnder Führungsstärke üben oft solche, die selbst aus guten Gründen nicht so viel Gelegenheit haben, zu führen. Andererseits gehören das ostentative Führen, das Auf-den-Tisch-Hauen untrennbar zu den Ego-Tieren. Merkels Stil dagegen ist die manchmal resignativ, manchmal naiv wirkende Ironie, aber auch durchaus die nicht immer subtile Intrige. Sie ist eher eine Jüngerin Fouchés als Robespierres. Davon zeugen die vielen am Rande ihres Weges liegengebliebenen oder sich in einem Ministerpräsidentenamt auf Dauer-Reha befindlichen Konkurrenten a. D.

Demnächst treffen sich Westerwelle und Seehofer, archetypische Ego-Politiker, mit der flächenmobilen Kanzlerin. Es geht um das Image der Koalition. Westerwelle wird sehr höflich sein und sich freuen, dass Merkel ihm wieder einmal versichern wird, dass sie nie geglaubt habe, er sei nur ein politischer Tourist in kurzen Hosen. Und Horst Seehofer ist ohnehin ein Merkel-Imitator, der allerdings das Hüpfen von Standpunkt zu Standpunkt schon für das strategische Beschreiten einer Fläche hält. Es wird alles so bleiben, wie es ist.

© SZ vom 12.01.2010/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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