Amanda Knox:Ein Fall für die Sensationsgier

Ein neues, wenig ruhmreiches Kapitel.

Von Oliver Meiler

Die Justizsaga um den Mord an der britischen Studentin Meredith Kercher im November 2007 in Perugia ist um ein Kapitel reicher, und wieder ist es kein rühmliches. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Italien zu einer Geldstrafe verurteilt, weil es nicht fair umgegangen sei mit der amerikanischen Studentin Amanda Knox: In der Nacht des Verhörs verwehrte man ihr juristischen Beistand. Und die Dolmetscherin, die das Juristenitalienisch einfach hätte übersetzen sollen, presste stattdessen zusammen mit den Polizisten Aussagen aus der Angeklagten heraus.

Knox war damals zwanzig. Sie sagt, sie habe sich wie zehn gefühlt: ohne Sprachkenntnisse, im fremden Land, hilflos. Die italienische Justiz hat generell keinen sonderlich guten Ruf, auch unter Italienern; und das nicht nur, weil manche Staatsanwälte sich gerne wie Stars aufspielen.

Im Fall Amanda Knox war das ganze System international ausgestellt wie selten: Eine junge Engländerin als Opfer, eine junge Amerikanerin als mögliche Täterin, das alles im schönen Perugia. Dazu Gerüchte über ausgefallene Sexpraktiken. Die Medien berichteten, als ginge es um die Episoden einer Fernsehserie. Gleich zweimal durch alle Instanzen, theatralisch inszeniert und mit spektakulären Wendungen. Genährt wurde vor allem die Sensationsgier.

© SZ vom 25.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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