Altersgrenze für Alkohol:Seehofer: Verbot für Teenager bringt nichts

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Die Bundesregierung lehnt die Forderung ab, die Altersgrenze für den Verkauf von Bier und Wein auf 18 Jahre anzuheben - Verbraucherschutzminister Horst Seehofer hält nichts von einer "Olympiade der Verbote".

Paul-Anton Krüger

Der Fall eines 16-jährigen Gymnasiasten, der sich in Berlin ins Koma getrunken hatte, hat eine bundespolitische Diskussion über ein generelles Alkoholverbot für Jugendliche unter 18 Jahren ausgelöst. Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) lehnte dahingehende Forderungen der Drogenbeauftragten der Unionsfraktion, Maria Eichhorn (CSU), und des drogenpolitischen Sprechers der Grünen, Harald Terpe ab.

Der richtige Umgang mit Alkohol sei eine "Erziehungs- und Aufklärungsfrage", von einer "Olympiade der Verbote" halte er nichts, sagte Seehofer in Berlin.

Ein Sprecher des Familienministeriums betonte, das wichtigste sei, die bestehenden Regeln des Jugendschutzgesetzes konsequent durchzusetzen und Kinder und Jugendliche über Gefahren des Alkohols aufzuklären. Zu den Vorschlägen von EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou werde sich das Ministerium eng mit den Ländern abstimmen.

Kyprianou hatte in einem für die Mitgliedstaaten nicht verbindlichen Strategiepapier der EU angeregt, Alkohol generell nur an Jugendliche über 18 Jahren abzugeben. Derzeit dürfen Jugendliche in Deutschland ab 16 Bier, Wein und ähnliche Getränke erhalten und trinken.

Mehr Kontrollen

Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), spricht sich gegenwärtig nicht für die Anhebung der generellen Altersgrenze für Alkoholkonsum aus. Das Jugendschutzgesetz müsse von Handel und in der Gastronomie strikt eingehalten und von den Ordnungsbehörden stärker kontrolliert werden.

Die drogenpolitische Sprecherin der SPD, Margrit Spielmann, verlangte höhere Strafen bei Verstößen gegen das Jugendschutz- und das Gaststättengesetz. Ihr Kollege von der FDP, Detlef Parr, sagte, regelmäßige stichprobenartige Kontrollen könnten dazu beitragen, von Verstößen abzuschrecken.

Bätzing forderte zudem, den verantwortlichen Alkoholkonsum in der Gesellschaft stärker zu thematisieren. Es fehle ein gemeinsames Verständnis über zurückhaltendes Trinken, der insbesondere Kindern und Jugendlichen vorgelebt werden müsse. Jeder trage dafür Verantwortung, auch "Bildungseinrichtungen, Sportvereine und nicht zuletzt die Familien".

Die Sprecherin der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, Christa Merfert-Diete, sagte, das größte Problem sei der unkritische Umgang der Gesellschaft mit Alkohol. Jugendlichen erscheine das Trinken als erstrebenswert, um ihr Erwachsensein zu demonstrieren. Dabei gerate in Vergessenheit, dass Alkohol ein Rauschmittel und Nervengift sei, das bei Jugendlichen zu schweren Vergiftungen und schnell zur Abhängigkeit führe.

Wie der Grünen-Politiker Harald Terpe, forderte die Hauptstelle, Alkohol generell erst an Jugendliche über 18 Jahren abzugeben. Das Ziel müsse sein, den Alkoholkonsum soweit wie möglich nach hinten hinauszuschieben. "Je früher Jugendliche mit dem Trinken beginnen, desto größer sind die Folgeschäden", begründetet Merfert-Diete die Forderung.

Flatrate-Parties: "Unsägliche Konzeption"

Terpe sagte, es sei Aufgabe des Gesetzgebers, Jugendliche in dem sensiblen Zeitraum ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu schützen, in dem das Risiko für Abhängigkeiten besonders hoch sei. Einzelne Exzesse ließen sich nicht verhindern.

Terpe und die Hauptstelle fordern zudem, die Werbung für Alkohol zu verbieten. Merfert-Diete sagte, die Werbung suggeriere Jugendlichen, dass es ihnen durch Alkoholkonsum gut gehe und dass sie Anerkennung erlangten. Eine Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums ergab, dass sich 40 Prozent der Alkoholwerbung im Fernsehen an ein Publikum unter 30 Jahren und jeder zehnte Spot explizit an ein jugendliches Publikum wendet. Merfert-Diete kritisierte zudem die "unsägliche Konzeption" so genannter Flatrate-Parties, bei der die Gäste für einen Pauschalpreis soviel trinken können, wie sei wollen. Dadurch werde der Alkohol umso billiger, je mehr man trinke. Der Berliner Senat prüft derzeit ein Verbot solcher Veranstaltungen.

Nach Studien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung trinken Jugendliche im Durchschnitt mit 14 Jahren erstmals Alkohol, den ersten Rausch erleben sie mit 15,5 Jahren. Obwohl der Alkoholkonsum Jugendlicher nach der Einführung einer Sondersteuer auf Mischgetränke, sogenannte Alkopops, insgesamt sinkt, nimmt das Rauschtrinken weiter zu; die Jugendlichen, die Alkoholvergiftungen erleiden, werden immer jünger. Laut Techniker-Krankenkasse landeten 2006 annähernd drei von 1000 Jugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren mit einem Vollrausch oder einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus.

© SZ vom 14.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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