Alexander Gauland:Verdacht und Schuld

Ein Steuerverfahren ist noch kein Schuldspruch.

Von Jens Schneider

Der Vorgang ist außergewöhnlich und durchaus von öffentlichem Interesse, weil der Betroffene ein führender Politiker der größten Oppositionspartei ist. Am Donnerstagmorgen wurden Wohnungen von Alexander Gauland, dem Chef der AfD-Bundestagsfraktion, durchsucht. Kurz zuvor war seine Immunität aufgehoben worden. Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung, eine Privatangelegenheit, die ihn und seine Frau betrifft. Viel mehr ist nicht bekannt, so täten alle gut daran, den weiteren Verlauf mit Zurückhaltung abzuwarten.

Absolut unangebracht ist das Raunen der einen wie der anderen Art, das bei manchen in der Hauptstadt einsetzte, als säßen sie an einem haltlos gewordenen Stammtisch. Das gilt für jene in der AfD, die den Ermittlern nun sofort politische Motive unterstellen. Allerdings wüsste man schon gern, weshalb in einem Verfahren zu Steuererklärungen von getrennt lebenden Ehepartnern eine Hausdurchsuchung notwendig und angemessen sein soll. Die Staatsanwaltschaft sollte sich dazu erklären.

Genauso aber sollte man mit Bezug auf dieses private Steuerverfahren jetzt auf jede Spekulation über Gauland und seine Reputation verzichten. Es handelt sich um Ermittlungen, und es gilt wie bei jedem anderen selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

© SZ vom 31.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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