Aktuelles Lexikon:Menschenopfer

Woher die rituelle Tötung von Menschen kommt.

Von Tomas Avenarius

Um die Verwerflichkeit des Missbrauchs Minderjähriger durch Priester seiner Kirche anzuprangern, hat Papst Franziskus den Vergleich mit dem heidnischen Menschenopfer gezogen. Menschenopfer, praktiziert schon in prähistorischen Kult- und Religionsgemeinschaften, gehören zu den ältesten Ritualen der Menschen und standen unter den Opfern an die vor-monotheistischen Gottheiten weit über der Gabe von Früchten und Tieren. Oft diente die rituelle Tötung von Menschen dazu, einem oder mehreren Göttern für Ernten und Siege zu danken oder ihnen Orte und Tempel zu weihen. Ebenso häufig ging es darum, sich diese Gottheiten wieder gewogen zu machen: Nach Meinung der Priester machten die Allmächtigen ihrem Zorn durch Dürren, Fluten, Erdbeben oder Niederlagen Luft. Geopfert wurden Gefangene, Sklaven und als besonders rein geltende Jungfrauen und Kinder. In vielen Kulturen ließen Herrscher und hohe Priester nach ihrem eigenen Tod auch ihre Frauen und Teile des Hofstaats opfern, um Status und Luxus im Jenseits nicht entbehren zu müssen. Bekannt ist das Menschenopfer aus den Hochkulturen in Nahost, in China, Nordafrika, Mittel- und Südamerika, aber auch im antiken Europa. Etwa bei den alten Griechen oder in Rom, wo es erst 97 v. Chr. untersagt und durch Tier- oder Sachopfer ersetzt wurde.

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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