Aktuelles Lexikon:Eilantrag

Die Justiz kann schnell und zugleich relevant entscheiden.

Von Wolfgang Janisch

Justiz und Eile, das mag nach einem Widerspruch in sich klingen. Richtig ist aber, dass es quer durch das Gerichtssystem Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz gibt, einen fast track, wenn man so will. Und über Eilanträge kann sehr schnell entschieden werden. Das Bundesverfassungsgericht zum Beispiel kann über Nacht eine verbotene Demo doch wieder erlauben, oder eine Abschiebung stoppen, während der Flüchtling schon auf der Gangway ist. Das gebietet das Prinzip des effektiven Rechtsschutzes, denn zu spätes Recht ist oft gar kein Recht mehr. In den weit mehr als 200 Fällen, in denen Verwaltungsgerichte inzwischen über Klagen rund um Corona entschieden haben, ist das Eilverfahren der Regelfall. Das bedeutet aber nicht, dass sich solche Beschlüsse auf eine bloße Folgenabwägung beschränken, im Gegenteil: Verwaltungsgerichte prüfen im Eilverfahren die "Erfolgsaussichten" und letztlich die relevanten Fragen. Die Entscheidungen sind daher sehr aussagekräftig, wie man nun am Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim zu den Beherbergungsverboten sieht: Warum man Läden und Lokale geöffnet lasse, aber Hotels praktisch zumache, erschließe sich nicht - zumal die Treiber der Pandemie die großen Feiern seien. Viel mehr kann man dazu auch in einem Hauptsacheverfahren nicht sagen.

© SZ vom 16.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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