Aktuelles Lexikon:Bleigießen

Blei darf in der EU nicht mehr gegossen werden, stattdessen soll heißes Wachs nun die Ereignisse des neuen Jahres voraussagen.

Von David Pfeifer

Wer in den letzten Tagen des Jahres in Kaufhäusern an Ständen mit Party-Utensilien entlanghetzte, konnte sich wundern. Bleigießen, ist das nicht verboten? Da lagen aber, wie jedes Jahr seit der Erfindung von Silvester, kleine Sets mit einem Pfännchen und silbern schimmernden Glückssymbolen, mit denen man am Abend des 31. Dezember dem neuen Jahr eine Prognose abringen soll. Nur wer genau hinsieht, kann auf einem grünen Aufkleber lesen: "Die umweltfreundliche Alternative zu Bleigießen!" Wer dann noch etwas länger auf die Pappe starrt, erkennt auch, dass groß drüber steht: "Wachsgießen, ihr Blick in die Zukunft". Auf der Rückseite die üblichen Hinweise, zum Beispiel, dass kleine Kinder die heißen Klumpen bitte nicht verschlucken sollten, daneben die Symbole, die man aus den im Wasser erstarrten Formen lesen kann, und ihre Bedeutung. Zu fortgeschrittener Stunde erkennen die meisten Feiernden ohnehin nur noch eine Kugel mit Faden dran, ein Spermium also, deuten es als Fruchtbarkeitssymbol und lächeln je nach Sekt-Pegel schelmisch. Eigentlich also alles wie immer. Obwohl seit 2018 alles neu ist, weil eine EU-Richtlinie den Grenzwert für Blei in Produkten bei 0,3 Prozent festgelegt hat, Bleißgießen aber naturgemäß zu etwa 70 Prozent aus Blei besteht. Vielleicht nächstes Neujahr in England feiern?

© SZ vom 31.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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