Aktuelles Lexikon:Aladin

Warum das Märchen von Aladin wohl gar nicht arabisch ist.

Von Felix Stephan

Die "Märchen aus 1001 Nacht" sind mit Abstand das einflussreichste Erzählwerk arabischer Sprache. Die Geschichten, die die junge Sheherezade tausendundeine Nacht lang dem zornigen König erzählt, damit dieser sie nicht umbringt wie die anderen Jungfrauen vor ihr, wurden unzählige Male adaptiert, nacherzählt, weitergedichtet. Trotzdem sieht sich Disney dem Vorwurf ausgesetzt, mit seinen Aladin-Blockbustern selbstherrlich arabisches Kulturgut auszuschlachten, als seien die Araber in 200 Jahren Kolonialgeschichte nicht genug ausgenommen worden. Der Haken an der Sache: Nach aktueller Quellenlage taucht Aladin, in den sich der heutige kanadische Premier Justin Trudeau vor vielen Jahren verkleidete, in den überlieferten Manuskripten der "Märchen aus 1001 Nacht" nicht auf, sondern kann erstmals 1712 in der französischen Übersetzung von Antoine Galland nachgewiesen werden. Eine arabische Vorlage wurde bis heute nicht gefunden, auch wenn Galland in seinem Tagebuch notierte, er habe die Geschichte in Paris von einem maronitischen Christen aus Aleppo gehört. Ob das stimmt oder ob sich Galland das Märchen einfach ausgedacht hat, weiß heute niemand. Es ist aber nicht ganz unwahrscheinlich, dass es sich bei "Aladin und die Wunderlampe" am ehesten um ein französisches Märchen handelt.

© SZ vom 20.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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