Afghanistan:Infames Kalkül

Der IS-Terror gegen eine Hochzeitsfeier hat ein klares Ziel.

Von Tomas Avenarius

Ein Selbstmordattentat auf eine Hochzeitsfeier, das ist infam. Und doch fällt der Anschlag mit 63 Toten in Afghanistan kaum noch aus dem Rahmen. Ob ein Fest zur Vermählung, das Freitagsgebet in einer Schiiten-Moschee, ein Hotel voller westlicher Experten oder das Büro einer Hilfsorganisation - die Terroristen wählen mit Bedacht sogenannte "weiche Ziele". Das Risiko des Scheiterns ist gering, der Blutzoll hoch.

Insofern verwundert es, wenn der deutsche Botschafter in Afghanistan twittert: "Das ist mehr als Terror, das ist einfach verrückt!" Nein, dieses Attentat ist aus Sicht der Täter keineswegs verrückt. Es ist kühl kalkuliert. In Afghanistan stehen nicht nur Wahlen an. Die USA verhandeln nach 18 Jahren Krieg mit den Taliban auch ernsthaft über einen Truppenabzug. Und da zeichnen sich Ergebnisse ab. Die Amerikaner verringern die Zahl ihrer Soldaten und ziehen irgendwann ganz ab, die Taliban hingegen regieren mit in Kabul.

Dass die Taliban jede Verantwortung für den Anschlag abstreiten, ist glaubwürdig: Washington verlangt von ihnen - im Gegenzug zur Mitsprache bei der Machtverteilung - Garantien, dass vom Hindukusch kein Terror ausgeht wie am 11. September 2001. Anders der Islamische Staat der sich offiziell zu dem Blutbad bekennt . Der IS will den Krieg - dafür braucht er US-Soldaten im Land.

© SZ vom 19.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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