Afghanistan:30 Zivilisten bei Bombardement getötet

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Bericht der Untersuchungskommission: Bei dem Nato-Luftangriff auf zwei Tanklaster sind 30 Zivilisten getötet und neun weitere verletzt worden.

Bei dem von der Bundeswehr angeordneten Bombardement im nordafghanischen Kundus sind nach Angaben der von Präsident Hamid Karsai eingesetzten Untersuchungskommission 30 Zivilisten umgekommen. Neun weitere Zivilisten seien verletzt worden, sagte Kommissionsmitglied Mohammadullah Baktasch der Deutschen Presse-Agentur und der ARD in Kabul.

Bei dem Luftangriff seien zudem 69 Taliban-Kämpfer getötet und elf weitere verwundet worden. Baktasch stellte sich vor die Bundeswehr, die in die Kritik geraten war. Er sagte: "Definitiv sind die Verantwortlichen die Taliban." In einer vergleichbaren Lage hätten "nicht nur die deutschen Truppen, sondern alle Regierungs- und internationalen Truppen so gehandelt", betonte das Kommissionsmitglied.

"Wenn diese Tanklastzüge in den Händen des Feindes geblieben wären, hätten er sie für terroristische Absichten genutzt." Das Benzin hätte gegen afghanische und internationale Truppen eingesetzt werden können. Die Taliban hätten nicht nur die Tanklastzüge in ihre Gewalt gebracht, sondern auch Unschuldige in dieses "Verbrechen" verwickelt.

Die Gegend, in der es zu dem Luftangriff gekommen sei, sei kein Wohngebiet gewesen. Die nächsten Häuser seien mindestens drei Kilometer entfernt gewesen. Aus der Luft sei nicht festzustellen gewesen, ob Zivilisten an den Tanklastzügen gewesen seien. Nachdem die meisten Opfer unter den Taliban seien, "war es für den Terrorismus und al-Qaida in Kundus ein schwerer Schlag".

Die Kommission übergab ihren Bericht am Sonntag an Karsais Büro. Das geplante Treffen der Untersuchungskommission mit dem Präsidenten hatte bis zum Abend nicht stattgefunden.

Der deutsche Oberst Georg Klein verteidigte indes seinen Befehl für den Luftangriff und bezeichnete die gegen ihn eingeleitete Untersuchung wegen des Vorfalls in der Bild am Sonntag als angemessen.

Sein Verhalten in der Nacht zum 4. September könne er vor seinem Gewissen und der afghanischen Bevölkerung verantworten, sagte Klein der Zeitung. Er habe sich die Entscheidungen in den zurückliegenden Monaten niemals leicht gemacht. Jeder gefallene Isaf-Soldat und jeder getötete Zivilist sei einer zu viel, sagte der Bundeswehr-Kommandeur. Daher halte er es "für unbedingt notwendig und richtig, dass solche Untersuchungen durchgeführt werden, wenn Menschen ums Leben gekommen sind".

Einem Spiegel-Bericht zufolge ließ Außenminister Frank-Walter Steinmeiner ein Papier für ein Ende des deutschen Einsatzes in Afghanistan formulieren. "In der nächsten Legislaturperiode gilt es, die Grundlagen für den Abzug aus Afghanistan zu schaffen. Dazu müssen wir jetzt die Weichen richtig stellen", heißt es demnach in dem zweiseitigen Papier mit dem Titel "Zehn Schritte für Afghanistan". Eine konkrete Jahreszahl für einen möglichen Abzug wird darin nach AFP-Informationen jedoch nicht genannt. Der Spiegel hatte geschrieben, Steinmeier setze eine Frist bis 2013, dem Ende der kommenden Legislaturperiode.

Das Papier sieht dem Medienbericht zufolge vor, dass bis 2011 in allen 122 Distrikten des von Deutschland überwachten Nordens Afghanistans "eine angemessen ausgebildete Polizei" existiere. In der unruhigen Provinz Kundus sollen sofort 1500 zusätzliche Polizisten ausgebildet und die Zahl der deutschen Ausbilder für die Armee "erheblich gesteigert" werden.

Als erste Stufe eines möglichen Abzugs wird dem Bericht zufolge die faktische Auflösung des Bundeswehr-Standortes Faisabad bis 2011 genannt.

© dpa/AFP/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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