Abschiebungen:Das Schicksal der Uiguren

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Sie sind in China schweren Repressionen ausgesetzt, seit eineinhalb Jahren werden Umerziehungslager gebaut. Das Bamf empfiehlt, generell keine Uiguren mehr in ihre Heimat abzuschieben. Doch die Politik scheint sich nicht daran zu halten.

Von Christoph Giesen, München/Peking

Plötzlich war er abgeschoben: Im April führten bayerische Behörden aufgrund eines Kommunikationsfehlers einen uigurischen Asylbewerber rechtswidrig nach Peking zurück. Er hatte einen Asylfolgeantrag gestellt. Seine Anhörung war für denselben Tag angesetzt, nur ein paar Stunden, nachdem er in Gewahrsam genommen wurde. Die Ausländerbehörde in München gibt an, eine entsprechende Mitteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) über den Folgeantrag nicht erhalten zu haben. Kann ein solcher Fall erneut vorkommen? Daran gibt es Zweifel.

Eine aktuelle Länderinformation des Bamf empfiehlt bis auf Weiteres, "von Rückführungen von Uiguren und Angehörigen anderer muslimischer Minderheiten nach China abzusehen". Die Uiguren sind ein muslimisches Turkvolk. Ihre Heimat ist Xinjiang, eine Autonome Region im Nordwesten Chinas. Sie sind dort schweren Repressionen ausgesetzt. Seit eineinhalb Jahren entstehen in Xinjiang Umerziehungslager, in denen vor allem Uiguren festgehalten werden. Dennoch, teilt das Innenministerium in einer Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Margarete Bause mit, liege die Entscheidung der generellen Aussetzung der Abschiebung zunächst bei den Bundesländern. Für einen Zeitraum von drei Monaten dürften diese eigenständig Abschiebungen von bestimmten Ausländergruppen aussetzen. Eine Abfrage in allen Bundesländern ergibt jedoch, dass bislang kein entsprechender Aussetzungsantrag gestellt wurde.

Das bayerische Innenministerium teilt mit, es werde in jedem Einzelfall sehr genau geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Abschiebung gegeben seien. Andere Bundesländer sehen wegen der geringen Anzahl von Betroffenen keinen Grund für eine Aussetzung. Nach Angaben des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration Nordrhein-Westfalen gebe es derzeit bundesweit 271 Asylanträge chinesischer Staatsbürger. Margarete Bause fordert deshalb die Bundesregierung nun auf, einen "unmissverständlichen Abschiebestopp zu erlassen, damit für die Betroffenen und die zuständigen Behörden Rechtssicherheit besteht".

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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