Kommunalwahl in der Türkei:Erfolg für Erdoğan

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Für Erdoğan mehr als eine Kommunalwahl: Der türkische Ministerpräsident gibt seine Stimme an der Wahlurne ab. (Foto: REUTERS)

Es ging zwar um Bürgermeister und Kommunalparlamente - doch für Ministerpräsident Erdoğan noch um weit mehr: Er hatte die Wahlen zu einem Referendum über sein Amt stilisiert. Den Auszählungen zufolge mit Erfolg.

Die konservative AKP geht als Sieger aus der türkischen Kommunalwahl hervor. Nach Auszählung von 40 Prozent der Stimmen, liegt die Partei des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan laut Nachrichtenagentur AFP bei landesweit 46 Prozent.

In den türkischen Medien wird unterschiedlich über den Ausgang der Wahlen berichtet. Die regierungstreue Nachrichtenagentur Anadolu hatte nach Auswertung von etwa elf Prozent der Stimmen zunächst gemeldet, dass die AKP landesweit auf 49,5 Prozent komme. Andere Medien, wie die private Nachrichtenagentur Cihan, die zum Lager der Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen zählt, setzten den Stimmenanteil der konservativ-islamischen Partei zum gleichen Zeitpunkt bei 44,7 Prozent an.

Bei den Voraussagen über wichtige Teilergebnisse der Wahlen liegen auch widersprüchliche Voraussagen vor. So sahen einige Medien wie etwa die Zeitung Hürriyet die AKP in der Metropole Istanbul vorn, andere die wichtigste Oppositionspartei CHP. In der westtürkischen Millionenstadt Izmir sahen manche Medien die CHP in Führung, in der östlichen Stadt Diyarbakir nahe der syrischen Grenze soll die Kurdenpartei BDP stärkste Kraft sein. Obwohl die Auszählung der Stimmen noch läuft, erklärten sich Politiker beider Parteien bereits zum Sieger. CHP und AKP werfen sich gegenseitig Manipulationen vor.

Erdoğan steht seit vergangenem Sommer wegen seines zunehmend autoritären Regierungsstils unter Druck. Die Regierung ließ in den vergangenen Monaten Tausende Polizisten, Richter und Staatsanwälte austauschen. Zudem ließ Erdoğan die Internet-Plattformen Twitter und YouTube sperren, um zu verhindern, dass darüber Korruptionsvorwürfe verbreitet werden.

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Angebliche Pläne für einen Angriff auf Syrien, Youtube gesperrt, Korruptionsvorwürfe gegen Premier Erdoğan: Mit den türkischen Kommunalwahlen endet an diesem Sonntag ein Wahlkampf, den gegenseitiges Misstrauen bestimmte. Selbst im konservativen Anatolien wenden sich viele von der bisher beliebten Partei Erdoğans ab.

Von Christiane Schlötzer

Der Wahlkampf wurde von Skandalen um die Partei des türkischen Ministerpräsidenten erschüttert. Kurz vor den Wahlen belastet ein Mitschnitt eines Gesprächs zwischen Außenminister Ahmet Davutoğlu, dem Geheimdienstchef und einem hohen Offizier die Partei. Angeblich diskutierten sie darüber, einen Militärschlag gegen Syrien "provozieren" zu wollen.

Am Samstag erklärte die Regierung, der Vorwurf, die Türkei habe einen Kriegseinsatz erwogen, um die Wahl zu beeinflussen, sei absurd. Schließlich gebe es "keinen Bezug zwischen dem Ergebnis lokaler Wahlen und der Regierung".

Das Gebahren von Erdoğan lies allerdings genau das Gegenteil vermuten. Er stilisierte die Kommunalwahlen zu einer Entscheidung über den Regierungschef Erdogan. Er hatte einen Rückzug von seinem Amt angekündigt, sollte seine Partei schlechter als bei den letzten Kommunalwahlen abschneiden.

Bei Auseinandersetzungen während der Kommunalwahl wurden Medienberichten zufolge acht Menschen getötet. In mindestens zwei Orten in der Nähe der syrischen Grenze seien Anhänger verschiedener Kandidaten für das Amt des Dorfvorstehers aufeinander losgegangen, berichtete der Sender CNN Türk. Die Zeitung Hürriyet und die Nachrichtenagentur Reuters bestätigten die Berichte. Demnach seien bei den Kämpfen mit Knüppeln und Messern auch mindestens 13 Menschen verletzt worden.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/dayk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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