Kauf der Steuer-CD:Bund und Land machen halbe-halbe

Lesezeit: 3 min

Bis zu 400 Millionen Euro ist die Steuer-CD mit Schweizer Bankdaten wert. So viel erwartet der deutsche Fiskus an Nachzahlungen - und die Justiz bekommt sie für 2,5 Millionen Euro. Das Land Nordrhein-Westfalen und der Bund teilen sich die Summe. Erste Steuerhinterzieher zeigen sich selbst an.

Dem Ankauf der CD mit den Daten mutmaßlicher deutscher Steuerhinterzieher steht nichts mehr im Wege. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Helmut Linssen (CDU) sagte, nach dem Bund habe nun auch sein Ministerium alle offenen Rechtsfragen geklärt. "Damit liegen die Voraussetzung vor, um in den Besitz der Daten zu kommen." Amtsträger würden sich beim Ankauf der CD nicht strafbar machen, die Daten könnten daher in künftigen Strafverfahren verwendet werden. "Deshalb werden wir uns bemühen, in den Besitz der angebotenen Daten zu kommen", sagte Linssen im nordrhein-westfälischen Landtag.

400 Millionen Euro soll die umstrittene Steuer-CD mit Kontodaten mutmaßlicher Steuerhinterzieher wert sein - die deutsche Justiz bekommt sie für 2,5 Millionen Euro. (Foto: Foto: dpa)

Bekannt ist auch, wer den Betrag von 2,5 Millionen Euro zahlt, die ein Informant von der Justiz fordert. Vorgesehen sei, dass sich Bund und Länder die Kosten für den Erwerb der Steuer-CD jeweils zur Hälfte teilen. Dies sei im Fall Liechtenstein auch so gemacht worden, sagte eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums . Unter den betroffenen Bundesländern werden die Kosten dabei offenbar anhand des Königsteiner Schlüssels aufgeteilt - dieser setzt sich zu zwei Dritteln aus dem Steueraufkommen und zu einem Drittel aus der Bevölkerungszahl zusammen.

Zu weiteren Details wie der praktischen Umsetzbarkeit machte die Sprecherin keine Angaben. So sei derzeit noch nicht klar, wer als Käufer auftrete und welche Staatsanwaltschaft die Ermittlungen übernehmen werde.

Sicher ist, dass der Fiskus viel Geld erwarten kann. Erwarteten die Experten zunächst noch 100 Millionen Euro, so gehen alle inzwischen davon aus, dass die Datensammlung wertvoller ist.

Die Anleger haben offenbar weit mehr Steuern hinterzogen als zunächst geschätzt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung geht es um Nachzahlungen von bis zu 400 Millionen Euro.

Eines ist jedoch klar - die Justiz wird die umstrittene Datensammlung kaufen. Und unter Steuerhinterziehern geht die Angst um.

So sind im Zusammenhang mit dem Erwerb der Steuer-CD in Niedersachsen bereits fünf Selbstanzeigen eingegangen. Die Betroffenen hätten bisher nicht versteuerte Einnahmen in Höhe von 900.000 Euro gemeldet, bestätigt ein Sprecher des niedersächsischen Finanzministeriums.

Allerdings könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass die Selbstanzeigen die unmittelbare Folge der Debatte um den umstrittenen Kauf der Daten-CD seien: Zu Selbstanzeigen von Steuersündern käme es immer wieder.

Selbstanzeigen im Norden

Auch in Schleswig-Holstein soll sich ein mutmaßlicher Steuerhinterzieher den Beamten offenbart und Selbstanzeige gestellt haben. Dabei handle es sich um einen nicht spektakulären Fall der Nacherklärung von Kapitalerträgen, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Es werde keine hohe Nachzahlung erwartet.

Die Datensammlung betrifft nach übereinstimmenden Angaben die Zürcher Bank Credit Suisse. Damit ist ein Bericht der SZ bestätigt.

In gut informierten Behördenkreisen hieß es, es handle sich um einen der größten Komplexe von Steuerhinterziehung durch Deutsche überhaupt. Es soll sich nicht nur um Fälle handeln, die mehrere Jahre zurückliegen. Ein Teil der Kontobewegungen stammt offenbar aus dem Jahr 2008.

Interne Dokumente der Credit Suisse deuten darauf hin, dass in der Vergangenheit der überwiegende Teil deutscher Credit-Suisse-Kunden, die ihr Vermögen in der Schweiz anlegten, sich vor dem Fiskus versteckt haben könnte.

Streit mit der Schweiz

Daraus lässt sich folgern, dass die Bank "historisch bedingt" überwiegend Kunden betreut habe, die ihr Vermögen ganz oder teilweise nicht versteuert hätten. Diese Kunden wünschten "nur selten" Kontakt zur Bank, wegen der "Entdeckungsgefahr". Für sie stünden "Diskretion und Bankgeheimnis im Vordergrund".

Die Credit Suisse (CS) hat keine Hinweise darauf, dass Daten gestohlen wurden. "Wir haben keinerlei Indizien, die darauf hinweisen würden, dass es sich um CS-Daten handelt", erklärt Vizepräsident Urs Rohner. Absolute Sicherheit gebe es aber nicht, jedes System könne geknackt werden. Die Großbank wurde 1856 als Schweizerische Kreditanstalt gegründet, ist in über 50 Ländern aktiv und beschäftigt knapp 50.000 Mitarbeiter. In Deutschland hat das Unternehmen seit 1985 Filialen, mittlerweile sind es 13.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) haben dem umstrittenen Geschäft bereits zugestimmt. Die Schweiz protestierte und warnte die Bundesregierung, gestohlene Daten von Schweizer Banken zu kaufen. Schäuble sagte der Bild-Zeitung: "Es ist doch völlig in Ordnung, dass dieses Thema in der Schweiz ähnlich kontrovers diskutiert wird wie in Deutschland."

Lesen Sie am Freitag in der Süddeutschen Zeitung den großen Schwerpunkt zur Steueraffäre.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: