Gastkommentar:Sofort exkommunizieren

Wie das Kirchenrecht für Missbrauchstaten reformiert werden sollte.

Von Peter Landau

Die gerade veröffentlichte Studie im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz zu den jahrzehntelangen Sittlichkeitsverbrechen katholischer Kleriker an Minderjährigen hat erneut gezeigt: Die große Zahl der Fälle und die lange Zeit übliche Praxis der Verharmlosung sind unfassbar. Zu Recht fordern nun viele Betroffene des Missbrauchs eine noch eindeutigere Verurteilung dieser unglaublichen Taten von der katholischen Kirche.

Bislang aber wurde kaum die Frage erörtert, ob die Kirche nicht in ihrem eigenen kanonischen Strafrecht einen expliziten Tatbestand des sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen durch Kleriker wieder aufnehmen soll. In der Fassung von 1917 enthielt der Codex Juris Canonici eine solche Norm. Sie lautete: "Hat sich ein Kleriker mit Minderjährigen unter sechzehn Jahren schwer versündigt, ... dann soll er suspendiert, als infam erklärt, jedes Amtes, jedes Benefiziums, jeder Dignität und überhaupt jeder Anstellung enthoben und in schweren Fällen mit Absetzung bestraft werden." 1983, bei der Reform des Codex, entfiel die Passage jedoch.

Es wäre nun wünschenswert, den Missbrauchstatbestand erneut im kirchlichen Gesetzbuch zu verankern. Eine Formulierung habe ich bereits 2009 vorgeschlagen: "Wer einen Minderjährigen durch ein Sittlichkeitsverbrechen verletzt, unterliegt der mit der Tat bereits eintretenden Exkommunikation." Eine Tatstrafe, die es im weltlichen Recht nicht gibt, ermöglicht es der katholischen Kirche, den Schutz der Minderjährigen in ihrer Rechtsordnung klar zu verankern. Mit einer solchen Gesetzesänderung könnte die katholische Kirche mit Papst Franziskus verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.

Peter Landau , 83, ist einer der weltweit führenden Kirchenrechtler.

© SZ vom 02.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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