Prozess in Mannheim:Kachelmann, der freundliche Hotelgast

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Check-in nach der angeblichen Vergewaltigung: Vor Gericht beschreiben Hotelangestellte Jörg Kachelmann als unauffälligen Gast. Auch die Mutter des mutmaßlichen Opfers sagt aus.

Vor dem Mannheimer Landgericht ist der Vergewaltigungsprozess gegen Fernsehmoderator Jörg Kachelmann mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt worden. Gehört wurden zunächst zwei Angestellte des Hotels, in dem Kachelmann eingecheckt hatte, nachdem er am frühen Morgen des 9. Februars aus der Wohnung des 37-jährigen mutmaßlichen Tatopfers gekommen war. Auch die Mutter des mutmaßlichen Opfers wurde vernommen - unter Ausschuss der Öffentlichkeit.

Vor dem Landgericht wurde Jörg Kachelmann wie gewohnt von einer Fotografen-Schar empfangen. (Foto: dapd)

Zunächst beschrieb die Angestellte eines Mannheimer Hotels Kachelmann in der angeblichen Tatnacht als unauffälligen Gast: "Er kam ziemlich spät", erinnerte sich eine 36-jährige Hotelfachfrau. "Er war freundlich."

Für sie sei das ein ganz normales Einchecken gewesen. Verletzungen habe sie an ihm nicht bemerkt. Nach der Aussage einer anderen Angestellten hatte Kachelmann von 03.30 Uhr bis 10.30 Uhr in dem Hotel eingecheckt.

Kachelmann übernachtete im Hotel, weil er am Folgetag von Frankfurt aus zu den Olympischen Spielen nach Vancouver flog, wo er Wettervorhersagen für die Winterspiele machte. Nach seiner Rückkehr am 20. März 2010 wurde er in der Tiefgarage des Flughafens verhaftet.

"Ich bin sehr angespannt"

Auch die Mutter des mutmaßlichen Opfers wurde am vierten Prozesstag vernommen, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Befragung der 70-Jährigen gehe in den familiären und persönlichen Bereich, sagte der Vorsitzende Richter Michael Seidling. Die Mutter selbst sagte nach einer kurzen Angabe zu ihrer Person: "Ich bin sehr angespannt", bevor Medienvertreter und Zuschauer den Saal verlassen mussten. Im Anschluss an ihre Aussage sollte ihr Ehemann vernommen werden.

Vor Beginn der Befragungen hatte die Staatsanwaltschaft einen Befangenheitsantrag gegen einen der Gutachter der Verteidigung gestellt, über den das Gericht aber nicht mehr selben Tage entscheiden wollte. Es ging dabei um ein Gutachten, in dem laut Anklage der 37- Jährigen unterstellt worden sei, dass sie sich die Hämatome selbst beigebracht habe.

Zweifel an Gutachtern

Dem 52-jährigen Schweizer wird vorgeworfen, seine langjährige Freundin am 9. Februar 2010 in ihrer Wohnung mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Der Meteorologe bestreitet die Tat und spricht von einer Falschanschuldigung. Da Aussage gegen Aussage steht, wird den medizinischen und psychologischen Gutachten hohe Bedeutung beigemessen.

Die von Kachelmann beauftragten Gutachter haben nach Medienberichten Zweifel, dass die Aussagen des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers der Wahrheit entsprechen. Die Staatsanwaltschaft zweifelt wiederum an der Neutralität der beiden von Kachelmann beauftragten Gutachter.

Bei den beiden Professoren handelt es sich um den psychologischen Gutachter Tilman Elliger (Köln) und den Rechtsmediziner Bernd Brinkmann (Münster). Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge nannte deren im Ermittlungsverfahren abgegebenen schriftlichen Stellungnahmen als Grund, an ihrer Neutralität zu zweifeln. Außerdem sei Elliger am Abend von Kachelmanns Haftentlassung mit ihm und anderen im Restaurant gewesen.

"Espresso ist kein Befangenheitsgrund"

Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker weist den Vorwurf der Befangenheit zurück. Elliger sei am Abend von Kachelmanns Entlassung aus der Untersuchungshaft im Restaurant vorbeigekommen, habe einen Espresso getrunken und sei dann wieder gegangen. "Das ist kein Befangenheitsgrund," so Höcker. Es sei normal, dass ein Gutachter mit dem Mandanten seines Auftraggebers spreche.

In dem Verfahren wurde bisher die Anklage und die Aussage des Moderators verlesen. Außerdem wurde eine Tonbandaufnahme des Notrufs des mutmaßlichen Opfers vorgespielt. Auch eine seiner anderen Geliebten hatte unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesagt.

Im Laufe des Prozesses sollen zunächst weitere Ex-Freundinnen gehört werden, erst danach das 37-jährige mutmaßliche Vergewaltigungsopfer. Kachelmanns Anwälte hatten dieses Vorgehen scharf kritisiert.

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