Vorstoß in Indien:Yoga soll olympisch werden

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Volle Punktzahl? In Indien sollen Yoga-Positionen künftig bewertet werden können. (Foto: NOAH SEELAM/AFP)

Punkte für den Sonnengruß: Die indische Regierung hat Yoga zu einem Wettbewerbssport erklärt. Verträgt sich das mit innerer Einkehr?

Von David Pfeifer

Ob in Manhattan oder Paris, Berlin oder München - wo in den vergangenen Jahrzehnten Stadtviertel gentrifiziert wurden, werden heute Kautschuk-Matten in lichtdurchfluteten Lofts ausgerollt, und beim "Sonnengruß" oder dem "herabschauenden Hund" der Weg zu sich selber gesucht und gelegentlich auch gefunden. Yoga ist schon lange keine esoterische Gymnastik mehr, sondern Lifestyle, der von der Verinnerlichung bis zur Selbstoptimierung einen großen Strauß an Werkzeugen bereithält gegen jede Art der postmodernen Gesellschaftserschöpfung. Knapp zehn Millionen Deutsche praktizieren mittlerweile häufig oder mindestens ab und zu Yoga.

Von den indischen Wurzeln, in denen Yoga philosophische, religiöse und erst dann auch körperliche Komponenten beinhaltet, ist das unterschiedlich weit entfernt - obwohl es auch hierzulande Dogmatiker gibt, häufig dort, wo sich die Fortgeschrittenen von den Anfängern absetzen wollen. Nun hat die indische Regierung beschlossen, Yoga als kompetitiven Sport anzuerkennen, um damit die Grundlage zu schaffen, "die antike Disziplin in organisierten National- und Universitäts-Wettbewerben auszurichten", wie die Hindustan Times zum Wochenende berichtete.

Wer sich mal unbedarft im Münchner Gärtnerplatzviertel oder Berlin-Mitte zwischen Yoginis oder Yogis gequetscht hat, um in Sichtweite der Lehrerin oder der Lehrer zu gelangen, weiß, dass es durchaus kompetitive Elemente gibt, allerdings werden diese eher augenwinklig oder mit einem ostentativen Abrücken der Matte zum Ausdruck gebracht. Eine offene Bewertung der "Krähe" oder des "Bogen" ist nicht vorgesehen, meistens wird sogar ausdrücklich empfohlen, sich nicht zu vergleichen und ganz bei sich zu bleiben.

Trainer, Schiedsrichter und Punktrichter gesucht

Das indische Ministerium für Sport und das Ministerium für traditionelle Heilmethoden haben nun aber vereinbart, Yoga so bekannt machen zu wollen wie Fußball - das Fernziel: Olympische Spiele. Dass das Ganze auf Regierungsebene angesiedelt wird, macht deutlich, welche Bedeutung Yoga in Indien hat. Sogar Premierminister Narendra Modi, 70, machte im vergangenen Sommer am "internationalen Welt-Yoga-Tag" blitzsauber einige Asanas für die Fernsehkameras vor.

Doch auch die vielfältigen indischen Götter stellen vor den Erfolg den Fleiß. Im November wurde erst einmal die "National Yogasana Sport Federation of India"(NYSFI) gegründet, es gibt ein erstes, ausführliches Regelwerk, das von Experten für die NYSFI erarbeitet wurde. Es beinhaltet eine detaillierte Liste der geforderten und freiwilligen Übungen. Etwa 50 Medaillen sollen in sieben Kategorien verteilt werden, unterteilt in Kinder, Jugendliche, Erwachsene sowie Frauen und Männer. Es wird Einzel- und Gruppenwettbewerbe geben, auch in artistischem und rhythmischem Yoga.

Nun fragt man sich natürlich, wie all das bewertet werden soll. Nach Punkten, wie beim Amateur-Boxen? Oder nach Pflicht und Kür, wie beim Synchronschwimmen? Womöglich beides. Derzeit sucht die NYSFI Trainer, Schiedsrichter, Punktrichter und Aufseher für Veranstaltungen. Denkbar wäre, dass sie da auch international fündig werden könnten, zum Beispiel im Gärtnerplatzviertel oder in Berlin-Mitte.

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