Wirbelstürme:Eine beängstigende Entwarnung

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Experten sagen den USA eine harte Hurrikan-Saison voraus - dass die Prognosen besser sind als für 2005, ist nur ein schwacher Trost.

Reymer Klüver

Die schlechte Nachricht zuerst: 2006 wird für die USA erneut eine "Hurrikan-Saison über Normalmaß" werden. 16 Tiefdruckgebiete dürften sich über dem Atlantik zu Tropenstürmen auftürmen.

Und vier, vielleicht sogar sechs davon werden sich zu Hurrikanen zusammenbrauen, von denen wiederum vier die Küsten Amerikas heimsuchen könnten. Das wäre deutlich mehr als im Durchschnitt der vergangenen 40 Jahre.

Die schlechte Nachricht in der guten

Doch die Meteorologen im National Hurricane Center in Miami haben auch eine gute Nachricht: Sie erwarten deutlich weniger Stürme als 2005, einem Rekordjahr mit 28 tropischen Stürmen inklusive 15 Hurrikanen.

Die schlechte Nachricht in der guten allerdings: Es bestehe die "reale Möglichkeit", wie Amerikas oberster Wetterforscher, Admiral Conrad Lautenbacher von der National Oceanic and Atmospheric Administration, sich ausdrückt, dass einer der Hurrikane, die im vergangenen Jahr schwer gebeutelte Küste am Golf von Mexiko heimsuchen wird.

So schnell wird es keine Entwarnung geben. Die überdurchschnittliche Wirbelsturmaktivität könnte noch zwei Jahrzehnte andauern, so die Prognose staatlicher Wetterforscher in den USA. Seit 1995 haben die Meteorologen registriert, dass Anzahl und Intensität der Hurrikane zunehmen.

Wolkenungetüme

2005 war das heftigste Jahr seit Mitte des 19. Jahrhunderts, als die regelmäßigen Wetterbeobachtungen begannen. Die Wissenschaftler können zwar nicht den Weg eines Wirbelsturms voraussagen - jedenfalls derzeit noch nicht. Die hohe Anzahl können sie aber sehr wohl relativ präzise prognostizieren.

Dabei stützen sie sich auf eine Reihe von Beobachtungen. Das Meerwasser ist wärmer, die Passatwinde sind schwächer.

In mittleren Höhen der Atmosphäre über dem Atlantik kommt der Wind nun öfter aus einer einheitlichen Richtung und lässt so die Bildung von Wolkenungetümen zu, die sonst von wechselnden Winden zerzaust würden, ehe sie sich zum Auge eines Hurrikans zusammenbrauen.

Ein Faktor trägt im Vergleich zum vergangenen Jahr aber zur Entspannung bei: La Niña, die kühle Meeresströmung vor der Pazifikküste Amerikas, hat nachgelassen und beeinflusst das Klimaschema über dem Atlantik nicht mehr.

Zwei Denkschulen

In den USA gibt es zwei Denkschulen unter den Wetterforschern. Und es ist wohl kein Zufall, dass unter einer Regierung, die sich gegen die Anerkennung eines von Menschen gemachten Klimawandels wehrt, die staatlichen Meteorologen eher Anhänger eines zyklischen Modells sind.

In der Welt habe eben alles seine Zeit, und es habe seit jeher Perioden starker Hurrikane gegeben, die von Zeiten mit schwächeren Stürmen abgelöst würden. Der eloquente Chef des Nationalen Hurrikan-Centers in Miami, Max Mayfield, etwa sagt, dass das 20. Jahrhundert diesem Muster gefolgt sei.

Ein Forscher am Massachusetts Institute of Technology, Kerry Emanuel, kommt indes zu anderen Ergebnissen. Er behauptet, dass die Zunahme der Intensität der Stürme um 70 Prozent in den vergangenen 30 Jahren nicht zufällig mit der - von Menschen verursachten - globalen Erwärmung zusammentrifft.

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