Wetter:Das halbe Land steht still

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Die A2 bei Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen ist völlig zugeschneit. (Foto: Marcel Kusch/dpa)

Zwischen Leipzig, Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen fahren keine Züge. Einige Autobahnen sind gesperrt, auf anderen gilt ein Fahrverbot für Lkw. Es soll bis in die Nacht weiterschneien.

In der Nacht zu Sonntag ist ein heftiger Schneesturm über die Mitte Deutschlands gezogen. Besonders schlimm traf das Unwetter am Sonntag Nordrhein-Westfalen. Bis zu 32 Zentimeter Neuschnee und Windböen von bis zu 80 Kilometern pro Stunde haben für meterhohe Schneeverwehungen verursacht. Das Heimspiel von Arminia Bielefeld gegen Werder Bremen in der Fußball-Bundesliga am Sonntagabend ist abgesagt worden. Der verschneite Platz in der Arena sei nicht bespielbar, teilte die Deutsche Fußball Liga mit.

Der heftige Wintereinbruch sorgt für Probleme im Straßen- und Bahnverkehr. Zwischen Hamburg und Nordrhein-Westfalen sowie zwischen Hamburg und Hannover verkehren keine Züge; zwischen Hamburg und Berlin komme es zu Einschränkungen, teilte die Deutsche Bahn am Morgen auf ihrer Internetseite mit. Ebenfalls nicht vom Fernverkehr angefahren werde die Region Leipzig/Halle. Der Fernverkehr zwischen Deutschland und den Niederlanden wurde eingestellt.

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Jetzt wird es richtig kalt: Schnee und Eis behindern den Verkehr, Retter sind im Dauereinsatz. Mancherorts sinken die Temperaturen auf bis zu minus 20 Grad und an der Ostsee droht Hochwasser.

In NRW, Niedersachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen gibt es auch Probleme im Regionalverkehr. Die Situation an den Bahnhöfen sei aber ruhig. Die meisten Menschen hätten sich an die Empfehlung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gehalten und seien zuhause geblieben, heißt es von Seiten der Bahn.

Bahnverkehr zwischen Duisburg und Essen eingeschränkt

Im Ruhrgebiet seien an mehreren Stellen Oberleitungen vereist und beschädigt worden, sagte eine Bahn-Sprecherin am Sonntagmorgen. Das betreffe etwa die wichtige Strecke zwischen Duisburg und Essen. In Wuppertal konnte die berühmte Schwebebahn nicht mehr fahren. Einsatzkräfte mussten am Sonntag sechs Menschen aus luftiger Höhe befreien.

Einsatzkräfte der Feuerwehr befreien mit einer Drehleiter Fahrgäste aus einem Wagen der Schwebebahn, die wegen des eisigen Wetters stehen geblieben ist. Alle Fahrgäste sind unverletzt geblieben. (Foto: Christoph Petersen/dpa)

Auch die Regionalbahnen zwischen Münster und Recklinghausen und die S-Bahnen zwischen Dortmund und Hagen können wegen einer Oberleitungsstörung nicht mehr fahren oder müssen umgeleitet werden. Die private Eurobahn meldete wegen des Wintereinbruchs ebenfalls mehrere Zugausfälle vor allem rund um Münster, Bielefeld und Paderborn.

Im niedersächsischen Regionalverkehr fallen ebenfalls viele Züge aus. Auch der S-Bahn-Verkehr in Hannover ist davon betroffen.

Schneeräumtrupps der Bahn seien überall im Einsatz, um einen möglichst reibungslosen Zugverkehr sicherzustellen, sagte eine Sprecherin. Reisende sollten sich vor der Abfahrt auf jeden Fall informieren, ob ihr Zug fährt - entweder im Internet, in der Bahn-App oder unter der eingerichteten Hotline 08000 996633.

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Busverkehr in mehreren Städten eingestellt

Zahlreiche Städte und Kreise stellten ihren Busverkehr komplett ein - etwa Münster, Bielefeld, Dortmund, Essen, Bochum, Oberhausen und Hagen. "Spiegelglatte Straßen, vereiste Oberleitungen, eingefrorene Weichen: Sorry, Leute, in Sachen ÖPNV geht in Dortmund wenig", schrieben die Stadtwerke Dortmund bei Twitter. Auch in Hannover fährt vorerst kein Bus mehr, ebenso fällt der Schienenersatzverkehr aus. Wann die Busse wieder fahren können, war zunächst noch offen. Am Samstagabend hatten bereits die Verkehrsbetriebe im Kreis Siegen-Wittgenstein den Busverkehr gestoppt. Das Siegerland war besonders stark von einem heftigen Eisregen betroffen.

Eine Anzeigetafel an einer Bus- und Bahnhaltestelle in Oberhausen weist darauf hin, dass auch hier der Verkehr eingestellt wurde. (Foto: Fabian Strauch/dpa)

Auf vielen Autobahnen in Nordrhein-Westfalen geht es am Sonntag wenn, dann nur im Schneckentempo voran. In Bielefeld sperrte die Polizei stundenlang die Autobahn 2 am Bielefelder Berg. Weil starker Wind immer neuen Schnee auf die Fahrbahn wehte, kamen die Räumfahrzeuge nicht hinterher. Auf den Autobahnen in den Regierungsbezirken Münster und Detmold ordneten die Behörden ein Fahrverbot für Lastwagen ab 7,5 Tonnen an, das vorerst bis Sonntagabend 20 Uhr gilt. In Münster mussten Traktoren mehrere steckengebliebene Räumfahrzeuge befreien.

222 Unfälle alleine in Nordrhein-Westfalen

Seit Samstagnachmittag sei es alleine in Nordrhein-Westfalen zu bislang 222 Unfällen aufgrund des Wetters gekommen, sagte ein Sprecher der Landesleitstelle der Polizei am frühen Sonntagmorgen. Dabei seien zwei Menschen schwer und 26 leicht verletzt worden. Der Sachschaden belaufe sich auf etwa eine Million Euro.

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Trotz des Dauereinsatzes der Räumdienste appellierte die Polizei an die Vernunft der Autofahrer. "Bitte verzichten Sie auf unnötige Fahrten, bleiben Sie zuhause!", schrieb etwa die Polizei Borken am Sonntagmorgen bei Twitter. Auch wer den Schnee vor seiner Haustür beiseite räumt, solle vorsichtig sein, mahnten Polizei und Feuerwehr in Münster. Es könne gefährliche Dachlawinen geben. In Hagen ist unter den Schneemassen ein Zirkuszelt zusammen gebrochen. Die 13 Tiere, die sich in dem Zelt befanden, blieben unverletzt und konnten befreit werden, wie ein Sprecher der Polizei sagte. Menschen hätten sich nicht in dem Zelt befunden.

In Thüringen hatten heftige Schneefälle am Samstagabend vielerorts zu leichten Unfällen auf glatten Straßen geführt. Auf den Autobahnen A 4 und A 14 in Sachen stellten sich in der Nacht Lastwagen quer und sorgten für Staus; auf der A 30 bei Schüttorf stürzte ein Lastwagen auf glatter Straße um.

Bei Twitter teilten Nutzer unter dem Hashtag #flockdown zahlreiche Bilder von vereisten Autos, verschneiten Fahrrädern oder aus dem Garten. Der Wetterdienst Kachelmannwetter hatte das Interesse am Mittwoch geahnt und einige Schlagwörter ins Spiel gebracht: Unter den Vorschlägen waren neben "Flockdown", einer Wortschöpfung aus "Flocke" und "Lockdown", auch "Snowmageddon", "Weissehoelle" und "7879reloaded", letzteres eine Erinnerung an die Schneekatastrophe vor 42 Jahren.

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Schneesturm dauert noch an

Der Deutsche Wetterdienst in Offenbach betonte am Sonntagmorgen, der Schneesturm sei noch nicht vorbei. "Hotspots sind der Niederrhein, das Münsterland, Ostwestfalen, das nördliche Thüringen, das südöstliche Niedersachsen und das südliche Sachsen-Anhalt", sagte Meteorologe Simon Trippler. Mit fünf bis zehn Zentimetern Schnee, lokal auch bis zu 20 Zentimetern müsse im Laufe des Sonntags noch gerechnet werden. Der Wind halte auch weiterhin an mit Sturmböen von bis zu 70 Kilometern pro Stunde. "Das ist auf keinen Fall durchgestanden. Damit müssen wir bis heute Abend warten."

Der Norden von Nordrhein-Westfalen, das südliche Niedersachsen, das nördliche Thüringen und Sachsen-Anhalt seien in den nächsten Stunden besonders betroffen. In der Nacht werde es im Norden Bayerns, im Süden Thüringens und in Südwest-Sachsen schneien. Die Meteorologen rechnen mit 10 bis 25 Zentimetern Neuschnee in zwölf Stunden. "Aber ohne dicke Winde."

Besonders schutzlos der Kälte ausgesetzt sind Menschen ohne festen Wohnsitz. In der eiskalten Winternacht haben Einsatzkräfte etwa in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Obdachlose angesprochen und in warme Unterkünfte gebracht. Auch in Berlin wurde ein großes Obdachlosen-Camp geräumt, was allerdings auch auf Kritik stieß. Linke Gruppen hatten am Samstag zum Protest aufgerufen und gefordert, dass die ehemaligen Bewohner des Camps dorthin zurückkehren dürfen.

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