Wetter in Deutschland:Schiffsverkehr auf Neckar, Mosel und Oberrhein wegen Hochwasser eingestellt

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Hochwasser am Rhein in Nordrhein-Westfalen. (Foto: dpa)
  • Nachdem Sturm Burglind am Mittwoch über Teile Deutschlands gefegt war, drohen vielerorts Überschwemmungen.
  • Auf den Flüssen Neckar, Mosel und Oberrhein wurde bereits der Schiffsverkehr eingestellt.
  • Einwohner im Schwarzwald entkamen in der Nacht auf Freitag knapp einer Überflutungskatastrophe.

Burglind, der erste Sturm des neuen Jahres, hat nach Schätzungen der deutschen Versicherungswirtschaft Schäden in niedriger dreistelliger Millionenhöhe verursacht. Das ist zwar weit entfernt von Orkan Kyrill im Jahr 2007, der Kosten von mehr als zwei Milliarden Euro nach sich zog, aber immer noch ein schweres Unwetterereignis.

In großen Teilen Deutschlands hatte Burglind am Mittwoch orkanartige Böen und peitschenden Regen gebracht. Im Schwarzwald waren Böen mit einer Geschwindigkeit von knapp 160 Stundenkilometern gemessen worden. Nun bereiten sich Menschen an den Flüssen Neckar, Oberrhein und Mosel auf Überschwemmungen vor.

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Das Unwetter führt auch im Fünfseenland zu Beeinträchtigungen. Allein die Polizei Starnberg meldet elf zeitweise gesperrte Strecken. Ein aktueller Überblick:

Auf allen drei Flüssen ist inzwischen die Schifffahrt aus Sicherheitsgründen ganz oder teilweise eingestellt worden. An der Mosel stieg der Wasserstand am Pegel Trier in der Nacht über die kritische Acht-Meter Marke. In Heidelberg wurde die B37 an der historischen Altstadt gesperrt, weil der Neckar über die Ufer trat. Laut dem Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt ist der Schiffsverkehr auf insgesamt sieben Flüssen von den Einschränkungen betroffen. Eine Entspannung der Hochwasserlage sei in den meisten Fällen erst im Laufe der nächsten Wochen zu erwarten, teilte der Verband mit.

In St. Blasien, einem kleinem Kurort im Schwarzwald, ist in der vergangenen Nacht nur knapp einer Überflutungskatastrophe entkommen. Seit Tagen regnet es in der Region, der Deutsche Wetterdienst hat für das südliche Baden-Württemberg und das Allgäu stellenweise 70 bis 120 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden vorausgesagt. Hinzu kommen sehr milde Temperaturen, die dazu führen, dass der Schnee in den höheren Lagen schmilzt. Beides hat Bäche und kleine Flüsse über die Ufer treten lassen. Hänge wurden aufgeweicht und drohten abzurutschen.

Am Donnerstagabend spitzt sich die Lage in der 4000-Einwohner-Gemeinde zu. "Wir stehen kurz davor, Katastrophenalarm auszulösen", sagte Dietmar Ernst, Sprecher der Polizeidirektion Freiburg der Badischen Zeitung.

In der Innenstadt stand das Wasser mehr als 30 Zentimeter hoch. Wasser drang über die Fenster in die Keller der Häuser ein. Die Bewohner eines ganzen Straßenzuges wurden in Sicherheit gebracht. Die Feuerwehr löste Großalarm aus. Aus dem ganzen Landkreis wurden Kräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Deutschem Rotem Kreuz, Bergwacht und von der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) alarmiert. Strömungsretter in Tauchanzügen rückten an. Normalerweise sind sie für den Rhein zuständig.

Auch im Ortsteil Menzenschwand wurde die Lage immer ernster. In dem idyllisch gelegenen Dorf leben etwa 500 Einwohner. Der Ort ist umgeben von steilen Berghängen. Riesige Wassermassen liefen nach Angaben von Bürgermeister Adrian Probst an Häusern vorbei. Geröll und Schlamm bahnten sich ihren Weg. Feuerwehrmänner und die Helfer der DLRG begleiteten die Menschen durch die Wassermassen und brachten sie in Sicherheit. Kinder wurden auf Armen getragen, wichtige Utensilien eilig zusammengepackt und in Säcken verstaut. Eine Halle wurde kurzfristig zum Notquartier umfunktioniert, nach Angaben des Roten Kreuzes kamen dort etwa 150 Menschen unter. Sie wurden mit Decken und heißen Getränken versorgt.

Parallel dazu liefen die ersten Aufräumarbeiten in den Orten an. Der Wasserstand der Alb stieg schnell. Normalerweise hat der Fluss im Ortskern eine Höhe von einem Meter. In der vergangenen Nacht stieg er auf drei Meter - genau wie bei der Flut im Jahr 1990, die viele Bewohner noch als Jahrhunderthochwasser im Kopf haben, bei dem Millionenschäden entstanden.

Doch gegen 2 Uhr in der Nacht hat der Regen aufgehört. So schnell das Wasser der Alb gestiegen war, sinkt es nun auch wieder. Erleichterung bei den etwa 250 Einsatzkräften. Die Aufräumarbeiten werden aber Tage, wenn nicht Wochen andauern. Für den Freitag ist ein Hubschrauberflug mit einem Geologen geplant. "Wir müssen wissen, wie die Beschaffenheit der Berghänge aussieht", sagt Adrian Probst, der Bürgermeister von St. Blasien.

Ähnlich sieht es in anderen Gemeinden wie Lenzkirch oder Titisee-Neustadt aus. Auch dort ist die Feuerwehr zusammen mit Baggern in der Nacht unterwegs gewesen, um Abflüsse zu schaffen, künstliche Dämme zu bauen und Keller auszupumpen. Nach Angaben der Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg (LUBW) bestand in der Nacht eine starke Hochwassergefährdung für viele Teile des Landes. Bei einer solchen Warnlage sind auch größere Überflutungen von bewohnten Gebieten möglich.

Für das Wochenende haben die Meteorologen eine Wetterentspannung vorhergesagt. Am Samstag soll es trocken und mild bleiben.

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