Weltljugendtag:Die ganz große Kuschelshow

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Während des Weltjugendtages nächtigen die Pilger unter anderem bei Ikea und Harald Schmidt - mediale Aufmerksamkeit inbegriffen.

Monika Maier-Albang

Sie werden ein paar Helfer abstellen, falls doch einer der Gäste die Montageanleitung nicht kapiert. Aber eigentlich dürfte bei der Bettenvariante "Alleby, Kiefer massiv" nichts schief gehen. Sechs Schrauben, Imbusschlüssel, "fünf Minuten Aufbauzeit maximal", versichert Marketingleiter Mario Fontana. Höchstens ungeübte Süditaliener könnten sich etwas schwerer tun, denn in Neapel gibt es Ikea erst seit einem Jahr.

Betten bei Ikea: Die Besucher des Weltjugendtages, die von der Möbelkette aufgenommen werden, können es sich aber nicht im Bereich der Verkaufsfläche bequem machen. Vorgesehen ist die "Parkpalette" der Kölner Ikea-Filiale. (Foto: Foto: ddp)

350 Jugendliche aus Frankreich, Italien, England und Deutschland werden während des Weltjugendtags bei Ikea übernachten. Bevor es zum Beten geht, muss jeder sein Bett zusammenschrauben. Warum sollen es Pilger leichter haben als die Kunden? 375.000 Übernachtungsgäste, von denen viele zuvor bereits an den am Donnerstag beginnenden "Tagen der Begegnung" in den Diözesen teilgenommen haben, muss das Kölner Weltjugendtagsbüro vom 16. bis zum 21. August in der Region unterbringen.

Netter Medienauftritt

Da ist man froh um - fast - jeden, der Betten anbietet, auch wenn er es, wie der Ikea-Konzern, sicher nicht ganz selbstlos tut. Pilger in Ikea-Betten mit Ikea-Bettwäsche oder beim Schwedenfrühstück - das gibt einen netten Medienauftritt.

Gegen etwas Pilger-Vermarktung hat auch das Weltjugendtagsbüro nichts einzuwenden. "Das gehört dazu", sagt Weltjugendtags-Sprecher Matthias Kopp. "Wir freuen uns über das Angebot."

Schließlich betteln die katholischen Pfarreien in der Kölner Erzdiözese seit Monaten um Schlafplätze. 1043 Schulen und 604 Turnhallen werden für die Gäste geöffnet. 90.000 Pilger sollen in Privatquartieren unterkommen.

Insgesamt können die Organisatoren bereits jetzt auf 400.000 Schlafplätze zugreifen. Einen "beruhigenden Puffer" nennt das eine andere Sprecherin.

Spontane Anreisen

Im Weltjugendtagsbüro geht man davon aus, dass zum Wochenende, wenn der Papst in Köln ist, zusätzlich Tausende ins Auto steigen und spontan anreisen, um Benedikt XVI. zu sehen.

Da ist es gut, ein paar Betten in Reserve zu haben. Oder das Angebot einer muslimischen Gemeinde angenommen zu haben. In Niederkassel-Lülsdorf werden die Pilger in einer Moschee schlafen, die zum türkischen DITIB-Verband gehört. Der örtliche Vorsitzende hatte beim Neujahrsempfang der katholischen Pfarrgemeinde von der Quartiersuche erfahren und spontan zugesagt. 59 Pilger werden nun im Mehrzweckraum des islamischen Zentrums einquartiert - alles Männer.

Keine großen Ansprüche

Allzu große Ansprüche stellt das Weltjugendtagsbüro an die Herbergseltern ohnehin nicht. Eine Toilette, eine Waschgelegenheit und ein Platz auf dem Boden - groß genug, damit der Pilger seine Isomatte ausbreiten kann - muss genügen.

Frühstück ist kein Muss, bei Ikea allerdings haben die Pensionäre der Kantine angeboten, die Pilger am Morgen zu versorgen. Schlafen werden die Ikea-Gäste in der 4000 Quadratmeter großen "Parkpalette".

Damit es zwischen den Eisenverstrebungen nicht zugig ist, wird der Parkplatz mit Bauzäunen und Folien umspannt. Angenehm warm und nicht zu stickig sei's auf dem Parkdeck, sagt Fontana. Er hat es selbst getestet. Beim letzten Kunden-Krebsessen, als der Parkplatz mit Bierbänken gefüllt war.

Vip-Unterbringung und ein umtriebiger Gastgeber erwartet indes die 14 Pilger, die in die Fernsehstudios nach Köln-Mühlheim geschickt werden.

"Herbergsvater Schmidt"

Harald Schmidt, "Herbergsvater Schmidt", wie ihn sein Team schon frotzelnd nennt, hat für den Papst die Sommerpause um zwei Wochen verkürzt. Das Produktionsteam quartiert die Pilger in den Gästegarderoben ein. Die stehen ohnehin leer, seit Harald Schmidt nicht mehr bei Sat1 sondern im Ersten zu sehen ist. Und weil er nun statt fünfmal nur noch zweimal wöchentlich auftritt, hat das Team für die Betreuung der Gäste Kapazitäten frei.

Küche, Duschen, Müsli, Kaffeemaschine, alles wird gerichtet sein, wenn die Gäste aus Lateinamerika am 15. August eintreffen, verspricht Dramaturg Andreas Thenhaus. Sogar eine Bereitschaftsnummer vom Sicherheitsdienst bekommen die Jugendlichen in die Hand gedrückt - für den Fall, dass sie sich in Köln verirren.

"Wir zerren niemanden vor die Kamera"

Natürlich werde Harald Schmidt als "größter Verehrer des Papstes auf Erden" die Pilger auch ein bisschen ins Programm miteinbeziehen. Vielleicht begleitet eine Kamera die Jugendlichen zu einer Bibeleinführung mit Bischof, vielleicht hisst man gemeinsam die Weltjugendtagsfahne am Studio. "Wir zerren aber niemanden vor die Kamera", verspricht Thenhaus.

An einem Punkt ist für die Weltjugendtags-Organisatoren aber doch eine Grenze erreicht. Ein Angebot von Beate Uhse zum Beispiel würde man ablehnen, sagt Sprecher Matthias Kopp.

Und der Produktionsfirma Endemol gab man tatsächlich einen Korb. Endemol wollte fünf Pilger im Big Brother-Dorf aufnehmen. Aber für ein "menschenverachtendes Format" wollte der Weltjugendtag die Pilger nicht hergeben. Die Teilnehmer, sagt Kopp, kämen schließlich zum Beten, nicht "zu einer medialen Inszenierung".

© SZ vom 10.08.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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