Hunger, schreibt Laura Hammond von der University of London, sei heute in der Regel das Ergebnis politischer Prozesse. Naturkatastrophen wie Dürren oder Überschwemmungen seien nur dann ausschlaggebend, "wenn Regierungen nicht vorbereitet oder nicht willens sind zu reagieren".
Hammond weist in einem Gastbeitrag zum Welthunger-Index besonders auf das Problem von Vertreibung und Flucht hin - genau wie die Experten des International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington, die den Index verfassen. Mehr als 68 Millionen Menschen seien weltweit auf der Flucht, so viele wie nie zuvor. Die Flüchtenden verlören oft den Zugang zu Märkten, könnten sich nicht mehr selbst versorgen, seien auf Hilfe angewiesen. "Die Mehrzahl der Flüchtlinge bleibt in ihrer Heimatregion und braucht dort Unterstützung. Die Aufnahmeländer, die oft selbst arm sind, benötigen mehr Hilfe", sagt Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe, die den Index am Donnerstag vorstellte. In Ländern, in denen Kriege herrschen, sei der Hunger doppelt so hoch wie im Rest der Welt. 16 Nationen machten in den vergangenen Jahren keine Fortschritte im Kampf gegen Unterernährung, in manchen verschlimmere sich die Lage sogar, wie in der Zentralafrikanischen Republik. Das Land fällt in dem Bericht als einziges in die Kategorie "gravierend". Seit 2012 herrscht dort Bürgerkrieg.
Der Welthunger-Index wird auf Basis von Datenmaterial der Vereinten Nationen erstellt, er soll Auskunft geben über den Anteil an Unterernährten, über Auszehrung und Wachstumsverzögerungen bei Kindern unter fünf Jahren sowie über deren Sterblichkeitsrate. Er erfasst 119 Staaten; einkommensstarke Länder wie Deutschland bleiben außen vor, eine unzureichende Datenlage gab es in Krisenregionen wie Kongo, Burundi, Südsudan oder Syrien.
Global betrachtet verbessern sich die Indikatoren rund um den Hunger stetig. So hat sich die Kindersterblichkeit seit der Jahrtausendwende halbiert. Aufgrund von Wirtschaftswachstum und wirksamen Projekten feiern viele Länder Erfolge. Dennoch befürchtet die Welthungerhilfe in manchen Teilen der Welt eine Wende zum Schlechten. Es gebe noch 51 Länder zumeist in Südasien und in Afrika südlich der Sahara, wo die Lage ernst oder sehr ernst sei. Außerdem stellten die UN kürzlich fest, dass die Zahl der Menschen, die zu wenig Kalorien am Tag zu sich nehmen, im dritten Jahr in Serie gestiegen ist, auf jetzt 821 Millionen.