Wahre Welt (11):Info-Häppchen Tag für Tag

Lesezeit: 2 Min.

Der erste Abreißkalender für Schwangere ist nichts für Umknicker und Recycling-Fans: 280 Blätter für ebenso viele Tage. Und jedes wartet nur auf seinen Abriss.

Violetta Simon

Muss man so etwas haben? Nein, aber man wird! Schwangerschaftshormone verwandeln unsere Wahrnehmung in ein rosa Luftschiff und schicken uns mit Tunnelblick auf Beutezug. Gehen wir also davon aus, der Kalender hätte nicht schnell genug die Flucht ergriffen.

Wegwerfinfos - für Abreißer statt Knicker. (Foto: N/A)

Auf dem Cover: ein frei schwebender Embryo, gesehen durch eine Wärmebildkamera. Die rötliche Farbgestaltung wirkt zunächst ansprechend, auf den zweiten Blick etwas medizinisch. Da der Kalender nicht länger zu leben beansprucht als ihm zugedacht ist, hat der Deckel sowieso ausgespielt: weg damit. Ebenso ist es mit den übrigen 280 Seiten: ratsch - und weg! Umblättern und nach hinten knicken? Unmöglich, das Ding würde auseinanderfallen. Nichts für knickrige Sammler mit Hang zum Recyceln. Wer den Aufhänger sucht: Es gibt keinen, der Kalender wird - mithilfe der Ausstanzung an der Rückseite - aufgestellt.

Gesundheit, Hebammen, Ängste, Väter, Ultraschall, Klinikwahl, Geburt, Wochenbett, Gesetze und Beratungen - all diese Themen wurden von der Autorin aufgegriffen und - so gut es ging - dem zeitlich relevanten Kalanderblatt zugeordnet.

"Wie geht es Ihnen?"

Unter der Rubrik "Wie geht es Ihnen?" erfährt die Leserin täglich, was sich in ihrem Inneren abspielt, welche Stimmungen sie durchmacht und wie sich ihr Körper verändert.

Die darunter liegende Rubrik "Wie geht es dem Kind?" gibt Informationen zum Entwicklungsstand des Babys: wie groß es nun ist, was zu erkennen ist, was es bereits kann. Am 65. Tag erfährt die werdende Mutter, dass die Finger ihres Kindes nun ausgeformt sind, am 158 Tag, dass es bereits lebensfähig wäre.

Die Informationen zur rechten Zeit sind vor allem in den ersten Monaten kein Problem, weil das Kind schnell wächst und sich eindeutig verändert. In ruhigeren Phasen aber erweist sich dieser Ansatz als echte Herausforderung: 280 Ratschläge zum richtigen Zeitpunkt? Das geht einfach nicht, und deshalb sind es auch oft zeitlose Informationen. Meist sind die Inhalte recht interessant und nützlich, etwa Erinnerungen an Vorsorgeuntersuchungen oder Tipps gegen Magnesiummangel und wie man ihn erkennt.

Besser gleich noch Geschwisterchen machen

In ihrer Bemühung, die Blätter zu füllen, wirkt diese Unverbindlichkeit allerdings manchmal auch ein bisschen hilflos: "Bewegung an der frischen Luft ist immer gut ...", rät man der werdenden Mutter am 110. Tag. Will die Schwangere anschließend wissen: "Wie geht es dem Kind?" bekommt sie auch mal einen ökonomischen Ratschlag, etwa in diesem Sinne: Das teuerste am Kind ist die Betreuung. Deshalb besser gleich noch Geschwisterchen machen, dann lohnt sich der Aufwand.

Solche Ratschläge wären besser auf der Rückseite aufgehoben, die für allgemein Wissenswertes vorgesehen ist - von Sozialhilfe über Klinikkoffer bis zu Mythen.

Eine wirklich gute Idee: der tägliche Namenstipp, jeweils einer für Mädchen und einer für Jungs.

Fazit: Die Krux an der Sache: Der Kalender will ein Ratgeber sein. In täglichen "Lese-Häppchen" soll er die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt vermitteln. All die guten Ratschläge finden jedoch nicht immer das perfekte Timing - das müssten sie auch gar nicht, schließlich gelten sie früher oder später ebenso. So sind sie auf all den Seiten, manchmal vorn, manchmal hinten, verstreut, sind nicht - oder nicht mehr - zu finden und verschwinden zuletzt ganz.

Was am Ende einer Schwangerschaft bleibt, ist ein Stück grauer Karton. Aber nicht traurig sein: Die nächste Version von BabyDate - ein Abreißkalender für das erste Lebensjahr - ist bereits in Arbeit.

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