Vorwürfe gegen Air France:Ausreichend Sonden, gemächlicher Umbau

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Air France hat den Einbau besserer Sonden bei ihrer Flotte versäumt. Welche Rolle spielten die Messfühler beim Airbus-Absturz?

J. Flottau, Frankfurt

Air France hatte bereits vor dem Absturz eines Airbus A330 vor zehn Tagen Pitot-Sonden für die gesamte Flotte auf Lager. Die Geräte, mit denen Geschwindigkeit und Flughöhe gemessen werden, sollten allerdings erst nach und nach eingebaut werden, so Air France-Chef Pierre-Henri Gourgeon bei einer Pressekonferenz in Paris.

Pitot-Sonde an einem Air France-Airbus: Austausch "nach und nach". (Foto: Foto: AFP)

"Wir haben vor einigen Monaten entschieden, dass wir Sensoren, die kaputtgehen, mit den neuen Sonden ersetzen", so Gourgeon. "Wir haben gemeinsam mit Airbus nach gewissen Ereignissen entschieden, dass die neuen ein bisschen besser sein könnten als die alten." Gourgeon ging nicht im Detail darauf ein, um welche Ereignisse es sich dabei handelte.

Bei dem Absturz des Airbus A330 waren alle 228 Menschen an Bord ums Leben gekommen, 41 Tote konnten bislang geborgen werden. Die Maschine war auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris und geriet vor der brasilianischen Atlantikküste in ein Unwetter. Automatische Fehlermeldungen weisen auf fehlerhafte Pitot-Sonden hin. Dies könnte, so vermuten Experten, dadurch erklärbar sein, dass die außen am Rumpf angebrachten Metallstifte vereist gewesen seien und somit keine zuverlässigen Daten mehr liefern konnten.

Allerdings gehen die insgesamt 24 Fehlermeldungen weit über die Sonden hinaus. Welche Rolle die Sensoren im Unfallablauf genau gespielt haben, wird vermutlich erst dann zu klären sein, wenn der Flugdatenschreiber und der Cockpit-Stimmenrekorder gefunden und ausgewertet sind. Sie liegen in mehreren Tausend Metern Tiefe.

Der Hersteller Airbus hat angekündigt, rechtlich gegen die französische Tageszeitung Le Figaro vorgehen zu wollen. Der Figaro hatte in seiner gestrigen Ausgabe berichtet, Airbus schließe nicht aus, alle rund 1000 Jets der Baureihen A330 und A340 aus dem Verkehr ziehen zu wollen, bis diese mit der neuesten Generation der Pitot-Sonden ausgestattet seien. Eine solche Entscheidung müsste aber die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA oder die amerikanische Federal Aviation Administration (FAA) treffen. Die EASA hat die Baureihen gerade erneut für sicher erklärt. Brancheninformationen zufolge sind auch die neuen Sensoren in extremem Wetter nicht vollständig vor Vereisung sicher.

Zahlreiche Angehörige der 28 deutschen Opfer des Opfers lassen sich mittlerweile von der Kölner Anwaltskanzlei des ehemaligen Bundesinnenministers Gerhart Baum vertreten. Baum hatte auch nach dem Absturz der Air France-Concorde im Jahr 2000 die Familien der deutschen Opfer betreut. In den Kreisen der Opfer werden Forderungen laut, sowohl Airbus als auch Air France wegen des Unfalles zu verklagen.

Unterdessen gab es drei weitere Zwischenfälle mit Airbus-Flugzeugen. Ein Feuer im Cockpit hat die Piloten eines Airbus A330 am Donnerstag zur Notlandung auf der Pazifikinsel Guam gezwungen. Die 203 Menschen an Bord kamen mit dem Schrecken davon. Die Piloten brachten das Flugzeug - das gleiche Modell wie die abgestürzte Air-France-Maschine - sicher zu Boden, teilte die australische Fluggesellschaft Jetstar mit.

Offenbar gab es Probleme mit dem Heiz-Element in einer Scheibe. Eine weitere Notlandung gab es in Sibirien: Bei einem Airbus A320 der Fluggesellschaft Aeroflot wurde ein Riss in einer Cockpit-Scheibe entdeckt. Es wurde niemand verletzt. bereits am Mittwoch musste ein Airbus der spanischen Touristik-Gruppe Iberworld auf den Kanarischen Inseln notlanden. Die Maschine vom Typ A320 sei auf dem Weg von Gran Canaria nach Oslo gewesen, als es zu technischen Problemen beim Antrieb gekommen sei, teilte der Flughafenbetreiber Aena mit. Das Flugzeug sei zehn Minuten nach dem Start umgedreht und gelandet.

© SZ vom 12.06.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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