Vorsorgeuntersuchungen sollen Kinder schützen:Eine Hilfe für die Hilflosen

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Wie die Behörden mit Vorsorgeuntersuchungen Verbrechen an Jungen und Mädchen frühzeitig auf die Spur kommen könnten.

Nina von Hardenberg

Mehr als fünf Jahre hat keiner das Fehlen Celines bemerkt. Erst als das Mädchen, das 2002 in einer Klinik in Plauen zur Welt kam, vor einer Woche nicht zur Einschulungsuntersuchung erschien, forschten die Behörden nach und fanden die Leiche des Kindes.

Ein Kleinkind spielt während einer Vorsorgeuntersuchung mit einer bunten Karte in der Kitteltasche des Kinderarztes. (Foto: Foto: dpa)

Hätten frühere Vorsorgeuntersuchungen und Hilfsangebote direkt nach der Geburt das Mädchen retten können? Der Tod Celines und der anderen Kinder hat die Diskussion um strengere staatliche Kontrollen neu entfacht.

So plädieren Länder wie Hessen und das Saarland seit längerem dafür, die neun Vorsorgeuntersuchungen von der Geburt bis zur Schulreife für alle Kinder bundesweit verpflichtend zu machen.

Der Bundesrat hatte eine Gesetzesinitiative der beiden Länder im Dezember auch angenommen. Da die Bundesregierung diese aber nicht weiterverfolgte, wollen viele Länder die Untersuchungen inzwischen auf Landesebene einführen.

Im Saarland wurden die Ärzte bereits vor einem Dreivierteljahr verpflichtet, einer zentralen Stelle zu melden, welche Kinder sie untersucht haben. Erscheint ein Kind in dem vorgeschriebenen Zeitraum von zwei Monaten bei keinem Arzt, erhalten die Eltern ein Erinnerungsschreiben.

Reagieren sie auch auf ein zweites Schreiben nicht, besucht ein Sozialarbeiter vom Jugendamt die Familie. "Bislang wurden unsere Nachfragen als hilfreiche Unterstützung aufgenommen", sagt ein Sprecher des Sozialministeriums. Eine Auswertung der Teilnahme an der fünften Untersuchung, bei der das Kind unter anderem auf Bewegungsstörungen und Hörvermögen getestet wird, hat ergeben, dass der Großteil der Kinder (2100 von 2500) unaufgefordert pünktlich zu den Untersuchungen gebracht wurde.

In Bayern gibt es Geld nur gegen Untersuchungsnachweise

Die Eltern von 400 Kindern mussten aber ein- bis zweimal angeschrieben werden, 80 Kinder erschienen auch nach zweimaliger Aufforderung nicht und wurden schließlich dem Gesundheitsamt gemeldet. Dieses fand heraus, dass knapp 20 Kinder nicht kamen, weil sie keinen Versicherungsschutz hatten. Und in acht Fällen schaltete das Gesundheitsamt das Jugendamt ein. "Das waren keine verwahrlosten Kinder, aber solche, auf die man achten sollte, weil die Eltern sehr jung sind oder Drogenprobleme haben", sagte der Sprecher.

Ein etwas anderes System ist in Bayern geplant. Die Gesetzesinitiative sieht vor, dass Eltern einen Nachweis über die Untersuchungen vorweisen müssen, wenn sie Landes-Erziehungsgeld beantragen oder wenn sie ihr Kind in eine Kindertagesstätte oder in die Schule geben.

Sachsen, das Land, das am Mittwoch durch die Kindstötungen von Plauen in die Schlagzeilen kam, will hingegen vorerst keine Untersuchungspflicht einführen. "Es sind immer ganz unterschiedliche Notsituationen, in denen Mütter handeln", sagte Staatsministerin Helma Orosz. Eine gesetzliche Untersuchungspflicht sichere jedoch auch keine lückenlose Erfassung. Sachsen setze deshalb auf praktische Hilfen, wie zum Beispiel auf eine Begleitung der Mütter schon in der Schwangerschaft.

© SZ vom 07.12.2007/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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