USA:Mehr als eine Schnapsidee

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In den USA werben die Präsidenten der Hochschulen dafür, das Mindestalter für Alkoholkonsum von 21 auf 18 Jahre zu senken - für viele Konservative ein Tabubruch.

Jörg Häntzschel, New York

Es ist eine der vielen Paradoxien im "Land der Freien": Wer 18 Jahre alt ist, darf heiraten, im Irak schießen, in Jurys über seine Mitbürger richten, in vielen Staaten sogar Waffen tragen. Doch er darf keinen Alkohol trinken, nicht einmal ein Bier. Dazu muss man 21 sein. Selbst 60-Jährige müssen ihren Ausweis zeigen, wenn sie ein Sixpack kaufen wollen.

Spring Break in Miami Beach: Trink-Rituale gehören in den USA zur traditionellen Frühjahrssause wie die Strände Floridas. (Foto: Foto: AFP)

Wie überall, wo der Alkoholkonsum derart strikt reglementiert wird, haben die Gesetze auch hier zwiespältige Folgen. Nicht nur werden sie weithin ignoriert; sie verleihen dem Alkohol auch den Glamour des Verbotenen. Besorgniserregend ist vor allem das "binge drinking", die adoleszente Ohnmachts-Dröhnung, die am Freitagabend in College-Unterkünften und in den Frühjahrsferien an den Stränden von Florida und Mexiko praktiziert wird.

Hilft eine "Trinklizenz"?

Es ist deshalb nur auf den ersten Blick erstaunlich, dass jetzt ausgerechnet College- und Universitätspräsidenten eine "informierte und unaufgeregte Debatte" über das bestehende Mindestalter fordern - mit dem Ziel, es auf 18 Jahre zu senken.

Doch schon der Gedanke gleicht einem Tabubruch. Zahlreiche Verbände protestierten umgehend gegen den Vorstoß, so die Mothers Against Drunk Driving, die glauben, die Herabsenkung des Mindestalters würde zu mehr tödlichen Unfällen führen. Die Universitäten, so mutmaßten sie, wollen sich nur um die Mühe drücken, die bestehende Regelung durchzusetzen.

Das Hauptargument der Befürworter einer Liberalisierung ist, dass Alkoholkonsum durch das hohe Mindestalter nicht verhindert, sondern nur dorthin verlagert wird, wo keine Überwachung möglich ist: In die Zimmer der Collegestudenten, "und dort geraten diese dann in ernsthafte Probleme", so der Präsident des Pomona College in Kalifornien.

Sinnvoller wäre es, die Studenten an einem verantwortlichen und zivilisierten Umgang mit Alkohol teilhaben zu lassen, wie etwa an den Empfängen, mit denen die Universitäten üblicherweise Gastvorträge und Konferenzen feiern. Ganz auf obrigkeitsstaatliche Mittel wollen sie aber auch nicht verzichten: Sie schlagen eine Art "Trinklizenz" nach dem Modell des Führerscheins vor, zu deren Erwerb ein Kurs über die Gefahren des Alkohols zu absolvieren ist.

Obwohl die Prohibition seit 1933 abgeschafft ist und jeder um ihre katastrophalen Folgen weiß, hat Alkohol in den USA noch immer den Ruch des Suspekten und Subversiven. Die Gesetze, die den Verkauf von Alkohol regeln, sind schwer nachzuvollziehen und variieren von Staat zu Staat.

In New York etwa kann man Bier in jedem Supermarkt kaufen, Wein und Härteres aber nur in sogenannten Liquor Stores. In der Öffentlichkeit ist Alkoholgenuss ohnehin verboten. Doch was heißt Öffentlichkeit? Im Straßencafé ist eine Flasche Wein auf dem Tisch völlig normal, doch wer im Central Park picknickt, muss den Chardonnay in einer albernen Papiertüte verstecken. Und bis heute verbieten Hunderte Landkreise in den USA jeden Verkauf von Alkohol.

© SZ vom 22.08.08/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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