Unterschiedliche Rollenverständnisse:Nicht ohne meinen Anwalt

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Das Bistum Hildesheim rät katholischen Frauen bei der Heirat mit einem Muslimen zu einem Ehevertrag.

Roland Preuß

Ein Ehevertrag hat bei einer katholischen Heirat streng genommen keinen Platz.

Was Gott zusammenfügt, soll der Mensch nicht mit einschränkenden Fußnoten versehen, so die Haltung der Kirche.

Bei Muslimen allerdings können Katholiken künftig eine Ausnahme machen - dies zumindest empfiehlt das Bistum Hildesheim den Gläubigen.

In einer jüngst herausgegebenen Handreichung raten die Kirchenfachleute deutschen Frauen, vor der Hochzeit von einem Anwalt oder Notar einen Ehevertrag aufsetzen zu lassen.

Die meisten Frauen ahnten mögliche Probleme nicht, die sich durch andere Gesetze in islamischen Ländern für sie ergeben könnten, sagt die Diözesanratsvorsitzende Margaretha Meyer, die den Text mitverfasst hat. Etwa 6000 Frauen haben im Jahr 2004 Männer aus muslimisch geprägten Ländern geheiratet, vor allem Türken und Marokkaner.

Dem Papier zufolge sollen im Ehevertrag etwa Gütertrennung, Unterhaltsverpflichtungen und das Recht der Frau festgeschrieben werden, frei einer Arbeit nachgehen zu dürfen. Außerdem sollten sie vereinbaren, dass die Ehe ,,auf Dauer'' angelegt sei, weil die Ehe nach klassischem islamischen Verständnis vom Mann ,,jederzeit aufgelöst werden kann''.

"Höchste Zeit, dass die Muslime begreifen, dass es hier anders ist''

Das könne vor allem Probleme bereiten, wenn die Familie ins muslimische Herkunftsland des Mannes auswandere. Doch auch das ließe sich ja im Ehevertrag ausschließen, so die Handreichung.

Es gebe eben ein unterschiedliches Rollenverständnis der Religionen, sagt Peter Hünseler, Geschäftsführer der christlich-islamischen Begegnungsstelle der Deutschen Bischofskonferenz: ,,Bei einem Tod des Mannes beispielsweise gehören die Kinder der Familie und können von ihr abgeholt werden.''

Das bekannteste Beispiel einer gescheiterten binationalen Partnerschaft ist wohl das von Betty Mahmoody. Sie schrieb den umstrittenen Bestseller ,,Nicht ohne meine Tochter''. Darin beschreibt die Amerikanerin, wie sie mit ihrer Tochter vor einem unerträglichen Leben in Iran floh. Hünseler, der selbst jahrelang im Nahen Osten gewohnt hat, findet die Richtlinien angesichts solcher Schicksale ,,fortschrittlich und gut''. Es sei ,,höchste Zeit, dass die Muslime begreifen, dass es hier anders ist''.

Muslimische Vertreter stören sich jedoch nicht an den Warnungen. Die Ehe sei nach islamischem Verständnis ohnehin ein Vertrag, sagt Ayyub Axel Köhler, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Köhler ist selbst mit Ehevertrag verheiratet. Schwierig werde es allerdings für muslimische Frauen: Eine Ehe mit einem Christen sei nach islamischer Lehre ungültig, sagt Köhler - egal ob mit oder ohne Vertrag.

© SZ vom 11.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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