Tschechischer Politik-Star Bem:Auf dem Gipfel der Popularität

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Prags Oberbürgermeister Pavel Bem hat sich zwei Monate unbezahlten Urlaub genommen. Der passionierte Bergsteiger wollte den Mount Everest bezwingen. Seine Popularität stand dabei nie auf dem Spiel, dafür sein Leben.

Klaus Brill

Ein ungetrübtes Vergnügen ist es nicht geworden. Dass der Prager Oberbürgermeister Pavel Bem, einer der führenden Politiker Tschechiens, sich zwei Monate unbezahlten Urlaub genommen hat, um den Mount Everest zu besteigen, trug ihm ebenso viel Kritik wie Bewunderung ein.

Zehnter Tscheche auf dem Mount Everest: Prags Bürgermeister Pavel Bem. (Foto: Foto: AP, Myöková Marta)

Wenn er nach erfolgreichem Aufstieg am nächsten Wochenende wieder heimkehrt, wird er bei der Lektüre der Zeitungsberichte über seinen Abenteuerurlaub sicher auch Grund haben, sich zu ärgern. Im Ganzen dürfte ihm das ungewöhnliche Unternehmen indes wohl eher nützen, denn wieder einmal hat sich der 43-Jährige als ein etwas anderer Politiker präsentiert.

Als solcher ist er längst bekannt - und eben deshalb wohl auch einer der beliebtesten Politiker im Land. Seit seiner Ausbildung bei den Pfadfindern, bei der er auch seine Ehefrau Radmila kennenlernte, ist Pavel Bem leidenschaftlicher Bergsteiger. Und als er nach dem Studium der Medizin sowie beruflicher Tätigkeit als Psychiater und Drogentherapeut in die Prager Kommunalpolitik einstieg, machte er seine sportliche Passion auch werbewirksam bekannt.

Auf Wahlplakaten ließ er sich in alpiner Kluft abbilden, bei der Kommunalwahl im Oktober 2006 wählten die Prager ihn und die von ihm geführte konservativ-liberale Partei der Bürgerdemokraten (ODS) mit 54,4 Prozent der Stimmen wieder. Kritik aus der eigenen Partei Nach diesem Triumph wollte sich Pavel Bem eine Pause gönnen und sich den Traum vieler ambitionierter Bergsteiger erfüllen: die Besteigung des Mount Everest, des höchsten Berges der Welt.

Zusammen mit fünf weiteren tschechischen und slowakischen Alpinisten plante er seine Expedition vom 26. März bis zum 25. Mai, im Himalaja sollten zwei Sherpas als Bergführer dazustoßen. Bem trainierte Tag für Tag, zudem verfügt er über reiche alpine Erfahrung, unter anderem hat er schon in den Anden, den Rocky Mountains, dem Himalaja, dem Kaukasus, den Alpen und der Hohen Tatra verschiedenste Gipfel erklommen.

Bereits im Vorfeld gab es indes Kritik, vor allem aus der eigenen Partei. Man bemängelte, dass bisher wohl kein anderer Spitzenpolitiker oder Topmanager so lange der Arbeit ferngeblieben sei. Auch Staatspräsident Vaclav Klaus, sonst ein Gönner und Förderer des jungen Prager Stadtchefs, hob den Zeigefinger. ,,Ich würde das nicht tun'', sagte er. ,,In den 17 Jahren, die ich in der Politik bin, habe ich es nicht gewagt, länger als eine Woche frei zu nehmen.''

Bem aber setzte sich durch. ,,Einen gut funktionierenden Betrieb erkennt man daran, dass er funktioniert, auch wenn der Chef im Urlaub ist'', entgegnete er seinen Kritikern. Zudem besprach er das Arbeitsprogramm für die Zeit seiner Abwesenheit mit seinem Stellvertreter und dem Stadtrat und ließ sich vom Parlament formell den Ausflug genehmigen. Er versprach auch, ein Satellitentelefon mitzunehmen und jederzeit zurückzukehren, falls in Prag ein Notstand dies verlange. Und er ließ sich für die beiden Monate privat versichern.

Dann reiste er ab, und am vorigen Freitag um 6.42 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit stand er auf dem 8848 Meter hohen Gipfel des Mount Everest. ,,Er ist sehr erschöpft und hat sich einen kleinen Finger abgefroren'', erklärte später seine Ehefrau, mit der er telefonierte.

Pavel Bem ist der zehnte Tscheche, der die berühmte Bergspitze erreichte. Die Erstbesteiger waren 1953 der Neuseeländer Edmund Hillary und der Sherpa Tenzing Norgay. Nur zwei Tage vor dem Prager Oberbürgermeister war erstmals eine Frau aus Tschechien, die 28-jährige Klara Polackova, auf den Mount Everest gelangt. Ein weiterer Landsmann, der 47-jährige Molekularbiologe Libor Kozak aus Brünn, starb an Erschöpfung im Basislager. Auch aus Bems Team war in der ersten Phase seines Aufstiegs ein Sherpa tödlich verunglückt.

Im Himalaja herrscht in diesen Tagen starker Betrieb, auch wurden neue Rekorde gemeldet. So überflog der 32-jährige Brite Bear Grylls als erster Mensch den Everest in 140 Meter Abstand mit einem Gleitschirm. Ein Nepalese, der 47-jährige Apa Sherpa, erklomm den Gipfel des Berges zum 17. Mal. Und als jüngste Ausländerin, die je dorthin gelangte, wurde die 18-jährige Kalifornierin Samantha Larson gefeiert. Ein weiteres Ereignis der Superlative bereiten die Organisatoren der Olympischen Spiele 2008 in China vor: Der Fackellauf von Athen nach Peking, mit dem das Olympische Feuer überbracht wird, soll erstmals auch über den Mount Everest führen, in einer Höhe zwischen 5200 und 6200 Metern.

© SZ vom 23.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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