Trendsport "Kaninhop":Uuuund hopp!

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Springreiten, nur kleiner und mit Hasen - ist das ein Trend oder Tierquälerei? Und überhaupt: Was sagt das wettkampfmäßige Betreiben einer solchen Tiersportart über das Verhältnis der Deutschen zu ihren Haustieren aus?

Von Titus Arnu

Spotty verweigert. Er knabbert lieber Klee. Luna dagegen ist heiß aufs Hüpfen. Sie nimmt Anlauf, überwindet mühelos das erste Hindernis, schnuppert nach der Landung kurz am Rasen und nimmt dann die nächsten beiden Hürden. Es ist nur ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für ein Zwergkaninchen. "Gut gemacht, Luna", lobt Lotta, 10, Frauchen von Luna. Lotta hat Luna so gut abgerichtet, dass das Nagetier auf Kommando die 30 Zentimeter hohen Hindernisse überspringt, die ihr Vater aus Holz gebastelt hat. Dabei trägt das Zwergkaninchen ein Geschirr, an dem eine lilafarbene Leine befestigt ist. Damit Luna nicht flüchtet.

Das sportliche Hüpfen mit Zwerghasen nennt sich "Kaninhop" und ist wie Springreiten mit Pferden, nur ohne Reiten. Die Besitzer führen ihre Sporthasen an der Leine durch einen Parcours, der aus mehreren Hindernissen besteht. Es gibt in Deutschland bereits Dutzende Kaninhop-Vereine, es finden Turniere, nationale und internationale Meisterschaften statt. Beim Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter (ZDRK) wurde lange diskutiert, ob Kaninhop ernst zu nehmen ist. Schließlich rang man sich durch, den Hasensport zu fördern, auch aus Image-Gründen.

Hoppeln als Hochleistungssport? Das sagt auch etwas über die Einstellung der Deutschen zu ihren Haustieren aus. Früher hielten sie Schäferhunde, die das Haus bewachen sollten, heute trainieren sie Border Collies für Agility-Turniere und gehen mit ihrem Labradoodle zum Dogdancing. Auch bei Kleintieren scheint es einen Paradigmenwechsel zu geben. Der Kleintierzüchter war bislang eher darauf aus, für seine Pracht-Rammler bei Ausstellungen gute Noten zu bekommen. Überzählige Kaninchen, die nicht mehr für die Zucht taugen, "werden dem Verzehr zugeführt", wie ZDRK-Sprecher Wolfgang Elias es ausdrückt. Unter den Kaninhop-Sportlern sind aber viele Kinder und Jugendliche, die ihre Kuschelhasen nie verspeisen würden.

Schiedsrichter passen auf, dass alles korrekt abläuft. Ist ja eine ernste Sache

Erfunden wurde die Sportart von einem schwedischen Kaninchenzüchter, der seinen Tieren eine "sinnvolle Aufgabe" geben wollte. Kaninhop gewann schnell Fans, erste Fanklubs und Vereine wurden gegründet. Lotta und Marike aus Berlin kamen über Youtube-Filmchen auf ihr neues Lieblingshobby. Einmal haben sie schon an einem Kaninhop-Turnier in Schleswig-Holstein teilgenommen, aber im Moment fehlt ihnen die Anbindung an einen Verein. "Außerdem ist die Reiserei nicht schön für die Kaninchen", meint Lotta.

Das meinen auch Tierschützer. Der Verein Kaninchenschutz und der Deutsche Tierschutzbund haben sich gegen den Trend ausgesprochen. Sicherlich sei es möglich, Kaninchen an Geschirr und Leine zu gewöhnen, heißt es in einem Statement, "aber eine Wettkampfatmosphäre stellt einen zu großen Stressfaktor dar, als dass es dafür eine Rechtfertigung geben könnte". Es könne zu psychischen Überforderungen und schweren Verletzungen kommen.

Beim Kaninhop gibt es ein festes Regelwerk, in dem festlegt ist, wie lang eine Kaninchenleine sein muss (zwei Meter) und wie damit umzugehen ist. "Wenn einer seinen Hasen an der Leine über die Hindernisse zerrt, wird er sofort disqualifiziert", sagt Wolfgang Elias. Eigens ausgebildete Kaninhop-Schiedsrichter wachen bei den Turnieren darüber, dass die Regeln eingehalten werden: "Da muss es mit rechten Dingen zugehen, das ist ja eine ernste Sache."

Wer seine Tiere liebt, "der würde ihnen kein Leid antun", sagt Elias. Lotta und Marike sehen das ähnlich. Sie würden ihre Hasen nie mit Gewalt zu Höchstleistungen zwingen. Als Spotty zum wiederholten Mal streikt, setzt Marike das Kaninchen zurück ins Freilaufgehege.

© SZ vom 19.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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