Tornados in den USA:Auf der Spur der Verwüstung

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54 Menschen sterben bei den Wirbelstürmen im Süden der USA. Experten halten die Ursachen nicht für ungewöhnlich - die Tornados werden immer wieder kommen.

Reymer Klüver

Nur ein Wort hat der Bürgermeister des kleinen Landstädtchens Lafayette in Tennessee, um das Ausmaß der Katastrophe zu beschreiben: "Unglaublich" sei es, sagt Shelvy Linville und wiederholt kopfschüttelnd, "einfach unglaublich." Tatsächlich wurden sechs US-Bundesstaaten ausgerechnet am Abend des großen Wahltags, des Super-Tuesday, von Wintertornados gewaltigen Ausmaßes heimgesucht.

Tornados in den USA verwüsteten viele Orte. (Foto: Foto: dpa)

Am schwersten getroffen wurden Arkansas und Tennessee. Mindestens 13 Menschen starben in Arkansas, 30 Tote werden aus Tennessee gemeldet, vor allem Bewohner von Häusern, die von der Urgewalt des Sturms praktisch zerfetzt wurden. Sieben Menschen starben in Kentucky, weitere vier in Alabama. Mehrere hundert Menschen wurden von Trümmern ihrer Häuser oder herumwirbelnden Glassplittern zum Teil schwer verletzt. Schätzungen über das Ausmaß der Schäden gibt es noch nicht.

"Es ist der Zorn Gottes", sagte der sichtlich bewegte Gouverneur von Tennessee, Phil Bredesen, nach einem Besuch in der Katastrophenregion. "Ich habe schon öfter Häuser gesehen, deren Dächer abgedeckt waren oder die umgewirbelt wurden. Von diesen Häusern aber war nichts mehr übrig als die Fundamente." Allein in Tennessee sind mehr als 1000 Häuser zertrümmert worden. George W. Bush hat eine Visite im Krisengebiet in Arkansas und Tennessee für Freitag angekündigt und Nothilfe der Katastrophenschutzbehörde Fema veranlasst. "Gebete können helfen, und auch die Regierung kann helfen", sagte er am Mittwoch.

In Memphis wurde das gesamte Dach eines Supermarkts abgedeckt. In Jackson, Tennessee, brachten die Winde mit Spitzenböen von 250 Stundenkilometern ein Studentenwohnheim zum Einsturz. Neun unter den Trümmern begrabene Studenten konnten verletzt geborgen werden. In Oxford, Mississippi, wurde eine Baumaschinenfabrik zur Hälfte flachgelegt. In Hartsville, Tennessee, wurde die Pumpstation einer Erdgasleitung getroffen. Flammen des entzündeten Gases schossen zeitweise hundert Meter in die Luft. In Castalian Springs wurde ein Baby unverletzt in einem Feld in der Nähe eines völlig zerstörten Hauses gefunden, über das Schicksal seiner Eltern war nichts bekannt.

Tornados sind in dieser Region der USA im Winter nicht unüblich. Und nach übereinstimmender Expertenmeinung haben sie nichts mit der globalen Erwärmung zu tun - ein Zusammenhang, den der demokratische Senator und frühere Präsidentschaftsbewerber John Kerry flugs hergestellt hatte. Sie sind vielmehr das Ergebnis eines heftigen Zusammentreffens warmer Luftmassen vom Golf von Mexiko und polarer Luft aus Kanada, das zu dieser Jahreszeit durchaus nicht ganz selten ist.

Immer wieder haben Tornados eine Spur der Verwüstung gezogen. Nach Angaben des Meteorologen Harold Brooks vom National Severe Storms Laboratory in Oklahoma fielen im Februar 1971 einem vergleichbaren Sturmsystem 134 Menschen in Louisiana und Mississippi zum Opfer. Das bis heute heftigste Sturmsystem mit 134 Tornados forderte im Januar 1999 neun Menschenleben.

Am Dienstag wurden nach ersten Schätzungen insgesamt 73 Tornados gezählt. Ungewöhnlich war diesmal, dass die Windhosen sich ungewöhnlich lange am Boden hielten und so das Ausmaß der Verwüstung größer als bei früheren Tornados ist. Offenbar aber hat ein funktionierendes Vorwarnsystem die Menschen dazu gebracht, die Gefahr ernstzunehmen und zumindest Zuflucht in den Kellern ihrer Häuser zu suchen. Ansonsten hätte die Zahl der Todesopfer nach Einschätzung von Experten noch deutlich höher liegen können.

© SZ vom 8.2.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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