Todesstrafe:Kurz vor Mitternacht

Lesezeit: 2 min

Der US-Staat Arkansas will acht Männer innerhalb kurzer Zeit hinrichten. Der verurteilte Mörder Ledell Lee (oberere Reihe, 2.v.r.) wurde nun exekutiert. (Foto: Reuters)

In den USA wird seit Wochen über die geplante Vollstreckung von acht Todesurteilen innerhalb kurzer Zeit wegen der bald ablaufenden Haltbarkeit eines Giftes gestritten. Nun wurde überraschend tatsächlich ein Verurteilter exekutiert.

Im US-Bundesstaat Arkansas ist zum ersten Mal seit zwölf Jahren wieder ein Mensch hingerichtet worden. Der verurteilte 51-jährige Mörder Ledell Lee wurde in der Nacht zu Freitag im Gefängnis von Grady durch die Injektion von Medikamenten exekutiert, nachdem seine Anwälte ein wochenlanges juristisches Tauziehen endgültig verloren hatten. Die Hinrichtung soll zwölf Minuten gedauert haben.

Die Bundesregierung verurteilte die Hinrichtung Lees. In einem schriftlichen Appell mit EU-Partnern setze sie sich gegen die Vollstreckung weiterer Todesurteile in Arkansas ein, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin. Auch der deutsche Botschafter habe sich in einem Brief an Gouverneur Hutchinson gewandt, in diesem ersten Fall jedoch ohne Erfolg, sagte der Sprecher. Die Bundesregierung sei sich der Schwere der Straftaten bewusst, die den Verurteilten angelastet werden. Die Todesstrafe sei jedoch "eine unmenschliche und grausame Form der Bestrafung".

Laut dem Todesurteil hatte Lee 1993 die 26 Jahre alte Debra Reese in Jacksonville bestohlen und zu Tode geprügelt. Seine Verurteilung war allerdings umstritten. Lee beteuerte seine Unschuld und forderte zusätzliche DNA-Untersuchungen an Beweismaterial. Das oberste US-Gericht lehnte Lees Anträge gegen die Hinrichtung jedoch ab. Der juristische Streit ging bis in die Nacht hinein, das Gift wurde Lee laut Staatsanwaltschaft um 23.44 Uhr Ortszeit gespritzt. Journalisten berichteten aus dem Gefängnis auf Twitter unter Berufung auf Zeugen, er habe anscheinend schnell das Bewusstsein verloren und nicht gelitten.

Lee gehörte zu einer Gruppe von acht zum Tode verurteilten Häftlingen, die die Regierung von Arkansas in der zweiten Aprilhälfte hinrichten lassen wollte - was zu heftigen Protesten führte. Seit der Wiederzulassung der Todesstrafe in den USA vor 40 Jahren waren noch nie in einem einzelnen Bundesstaat so viele Exekutionen in einem so kurzen Zeitraum angesetzt worden.

Die Regierung wollte auf diese Weise das Problem umgehen, dass die Haltbarkeit ihres Vorrats an dem Medikament Midazolam Ende April ausläuft. Midazolam ist ein Betäubungsmittel, bei Exekutionen wird es als erstes Medikament gespritzt, um den Häftling bewusstlos zu machen. Dieser soll dann nichts mehr spüren, wenn ihm danach zwei weitere Medikamente gespritzt werden, die seine Atmung und sein Herz zum Stillstand bringen. Allerdings ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen mit dem Medikament gekommen, weshalb ein Gericht in Arkansas die Hinrichtungen am vergangenen Wochenende verboten hatte. Diese Gerichtsentscheidung war im Lauf der Woche jedoch von anderen Instanzen überstimmt worden, sodass letztlich der Weg für die Exekution von Ledell Lee frei wurde.

Allerdings ist unwahrscheinlich, dass die Behörden von Arkansas auch die anderen sieben Männer wie geplant exekutieren werden. Wahrscheinlicher ist, dass die im Einzelnen ziemlich komplexen Verfahren bis über das Ende des Monats hinaus verzögert - und die Exekutionen dann wegen des Verfalls des Medikaments verschoben werden.

© SZ vom 22.04.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: