Tierfotografie:Verbrechen an der Natur

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Mit seinem Foto von einem von Wilderern brutal getöteten Nashorn wird der Südafrikaner Brent Stirton zum "Wildlife Photographer of the Year". Es ist nicht das erste Mal, dass die Jury ganz bewusst auf Emotionen setzt.

Von Titus Arnu

Als Nacktmull hat man schon von Haus aus verloren. Diese hässlichen Nagetiere werden wohl nie so beliebt sein wie Katzen, Pandas und Labradorhunde. Obwohl der Mensch selbst ein eher grotesk aussehendes Tier ist, hat er einen voreingenommenen Blick auf die Tierwelt: Wesen mit flauschigem Fell, großen Augen und zwei bis vier Beinen wirken auf ihn grundsätzlich sympathischer als Wesen mit Stacheln, Tentakeln, Mundwerkzeugen, Stiel- oder Facettenaugen.

Was ist also ein gutes Tierfoto? Das darf nicht nur von der Tierart abhängen, sonst würde beim Wettbewerb "Wildlife Photographer oft the Year" jedes Mal ein Panda-, ein Katzen- oder ein Welpenfoto gewinnen. Nein, beim wichtigsten Naturfotografie-Wettbewerb der Welt, der vom Natural History Museum in London ausgeschrieben wird, geht es nicht nur um vordergründige Ästhetik. Schön im klassischen Sinn ist das diesjährige Siegerfoto überhaupt nicht. Es zeigt ein gewildertes Spitzmaulnashorn mit abgehackten Hörnern im Hluhluwe-Imfolozi-Naturpark (Südafrika). Der südafrikanische Fotojournalist Brent Stirton erhielt dafür den diesjährigen Hauptpreis, der als renommierteste Auszeichnung für Naturfotografie gilt. In der Begründung der Jury hieß es, sein Foto sei "symbolhaft für eines der verschwenderischsten, grausamsten und unnötigsten Verbrechen an der Natur". Stirton dokumentiert seit mehreren Jahren die bestialischen Taten von Wilderern in Südafrika, seine Arbeiten wurden unter anderem von National Geographic, Geo und New York Times Magazine gedruckt, außerdem arbeitet Stirton für den WWF, die Gates-Foundation und Human Rights Watch. Die Auszeichnung ist auch als politisches Statement der Jury gegen die Wilderei zu verstehen. In den vergangenen Jahren waren bereits Fotos mit umweltpolitischer Botschaft unter den Siegern, etwa das Foto von ölverklebten Pelikanen aus dem Golf von Mexiko im Jahr 2011.

Insgesamt wurden 50 000 Fotos aus 92 Ländern eingereicht. Prämiert wurden auch einige deutsche Fotografen, zum Beispiel Ingo Arndt, Klaus Nigge und Christian Ziegler. Alle 100 ausgezeichneten Bilder werden in Ausstellungen zu sehen sein (ab 25. November im Westfälischen Pferdemuseum Münster, ab 1. Dezember im Naturhistorischen Museum Basel). Der Knesebeck-Verlag hat dazu einen Bildband mit den Fotos und Begleittexten veröffentlicht. Damit auch in Zukunft nicht nur Affen, Bären, Hunde und andere flauschige Typen prämiert werden, gibt es beim Fotowettbewerb Unterkategorien für Wirbellose, Amphibien, Reptilien und Pilze. Theoretisch könnte bei "Wildlife Photographer of the Year" also auch mal ein Nacktmull gewinnen. Der hässlichste Wettbewerbsteilnehmer in diesem Jahr war ein Marabu, der an einem Zebra-Kadaver herumpickt (Unterkategorie "Verhalten von Vögeln"). So ein Marabu ist nicht wirklich schön, aber sehenswert.

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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