Star-Kult um Dieb in Neuseeland:Billy Stewart ist nicht zu fassen

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Er klaut Essen und Drogen. Weil die Polizei ihn seit 93 Tagen erfolglos jagt, ist Räuber Billy ein Star - die Fans feiern ihn im Internet, mit T-Shirts und einem Song.

Johann Osel

Robin Hood aus England, so erzählt es die Legende, soll die Reichen beraubt und die Armen beschenkt haben. Das brachte ihm beim Volk große Beliebtheit ein, er galt als Räuber für die Gerechtigkeit. Dass er sich in einem Wald versteckten und ständig fliehen musste, beflügelte seinen Ruf.

Der gesuchte Räuber Stewart ziert mittlerweile sogar T-Shirts. Die Polizei beschreibt ihn als ungekämmt, unrasiert und ungepflegt. (Foto: Foto: NZ Police)

Bei William Stewart aus Neuseeland fehlt zwar dieser Gedanke des Umverteilens der Beute: Essen, Drogen und Autos klaut er für den Eigenbedarf, seit 93 Tagen ist er vor der Polizei auf der Flucht. Aber trotzdem ist er nun eine Art Volksheld geworden.

T-Shirts mit seinem Konterfei, ein Huldigungs-Song, eine Seite auf Facebook, Scharen von Fans - die Bewohner des südlichen Neuseelands scheinen den Kleinkriminellen einfach zu lieben. Obgleich Stewart wohl bei jedem als nächstes zuschlagen könnte.

Fleischbällchen, Autos, Drogen

Alles begann mit einem Einbruch in der Küche einer Farm in der neuseeländischen Region Canterbury. Auf die Fleischbällchen hatte es William Stewart abgesehen. "Danke, von Billy the Hunted One" ritzte er da in einen Tisch ein. Das brachte ihm nicht nur den Spitznamen Billy ein, sondern war auch der Startpunkt einer spektakulären Flucht.

Eine ganze Reihe weiterer Einbrüche und Diebstähle gehen seitdem auf Billys Konto. Oft handelt es sich um Essen, manchmal sind es Autos zur weiteren Flucht. Oder auch Amphetamine. Denn Billy ist drogensüchtig.

Zum Star-Rummel um Billy gehört aber auch das kuriose Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei. Inzwischen versuchen die Beamten seit drei Monaten, den Gejagten zu schnappen. Immer wieder ging das schief: Unter anderem schlüpfte Billy durch Polizeiabsperrrungen. Sogar Hubschraubern sei er so geschickt ausgewichen, dass er der Polizei einfach nicht gelang, ihn zu fassen.

User drücken ihm die Daumen

Auf der Internetplattform Facebook hat sich mittlerweile eine veritable Fan-Gemeinde gebildet. Mehr als 500 User haben sich auf der Billy-Seite angemeldet, lachen gemeinsam über den gewieften Räuber und die genarrte Polizei. Sie tauschen Informationen über seinen letzten bekannten Aufenthaltsort aus, nicht wenige drücken ihm die Daumen für die Flucht.

Der pfiffige Ganove gefiel auch einem örtlichen Unternehmer. Er begann damit, Fan-T-Shirts mit dem Konterfei des Kleinkriminellen zu bedrucken.

Schmuckhaft ist das zwar wenig: Das Fahndungsfoto zeigt einen langhaarigen, zerrauften Typen, der wohl älter aussieht als er tatsächlich ist. Aktuell dürfte er noch verwahrloster aussehen: Laut Täterbeschreibung der Polizei sei er während seiner Flucht ungekämmt, unrasiert und ungepflegt unterwegs.

Gesprächsthema in den Pubs

Die Geschichte hat auch den Neuseeländer Robbie Robertson inspiriert: Während seiner Arbeit in einem Kühlhaus hat er sich einen Song über Billy ausgedacht, eine knapp dreiminütige Ballade mit dem Titel "Billy the Hunted". Drei Tage habe er dafür gebraucht, sagt er.

Der Anlass liegt für ihn auf der Hand: Billy habe "ein bisschen was von einer Legende", seine Geschichte sei Gesprächsthema Nummer Eins in den Pubs. Auch die Polizei soll angeblich eine Kopie von dem Song bekommen haben.

Diese übrigens zeigt sich wenig amüsiert von Billy. Sie warnt die Bevölkerung nach wie vor ausdrücklich vor dem Kleinkriminellen. Er sei drogensüchtig, vermutlich auch bewaffnet und gefährlich, heißt es offiziell.

Die Beamten geben inzwischen zu dass ihnen der Star-Räuber und seine Geschichte langsam auf die Nerven gehen. So sagt etwa Senior-Sergeant Stu Munro: "Stewart hatte bis jetzt einfach Glück. Doch dieses Glück wird auch einmal zu Ende gehen."

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