Slowakei:Der freundliche Kannibale

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Er galt als hilfsbereit und unauffällig. Doch nach dem Tod eines slowakischen Familienvaters wird klar: Matej Curko hat im Internet einen Sterbewilligen gesucht, der sich von ihm verspeisen lässt. Zwei junge Frauen soll er tatsächlich auf dem Gewissen haben.

Klaus Brill, Prag

Er galt als unauffällig, hilfsbereit und freundlich. Der 42-jährige Matej Curko aus dem Dörfchen Sokol' bei Košice im Osten der Slowakei, ein Familienvater mit zwei Kindern, der Mitglied im Schützenverein war und als Computer-Experte arbeitete. Seine Stelle hatte er vor kurzem verloren. Was der Mann ansonsten in seiner Freizeit trieb, schockiert jetzt das ganze Land.

Der vor einer Woche bei einem Feuergefecht mit der Polizei erschossene 42-Jährige war ein mutmaßlicher Kannibale und soll nach neuesten Erkenntnissen der Ermittler den Tod zweier junger Frauen auf dem Gewissen haben, die vor einiger Zeit verschwunden waren.

Leichenreste wurden in einem Waldstück gefunden, nachdem die Polizei entsprechende Hinweise auf dem Computer des Toten entdeckt hatte. Den Opfern hätten jene Organe gefehlt, die auf Fotos abgebildet seien, die Matej Curko auf seinem PC gespeichert habe, sagte Polizeipräsident Jaroslav Spisiak. Curko war aufgeflogen, weil er sich im Internet mit einem Mann aus der Schweiz verabredet hatte, der sich von ihm töten und verspeisen lassen wollte.

Die beiden verabredeten laut Polizei für den vergangenen Donnerstag ein Treffen am Bahnhof von Kysak, in der Nähe von Curkos Wohnort, und hatten den Kannibalen-Akt detailliert geplant. Curko brachte Betäubungsmittel und eine Knochensäge mit. Doch der Schweizer machte einen Rückzieher. Ausschlaggebend für den Meinungsumschwung sollen laut Ermittlern die Fotos mit den Leichenteilen gewesen sein, die Curko mit dem Kommentar verschickte: "Das ist mein Werk."

Der Schweizer informierte daraufhin in seiner Heimat die Polizei, die sich an die slowakischen Kollegen wandte.

Deshalb erschien zum verabredeten Treffen am Donnerstag nicht der Schweizer, sondern ein Polizeiagent, begleitet von einem Spezialkommando, das sich im Hintergrund hielt. Als Matej Curko die Täuschung bemerkte, begann er sofort zu schießen und verletzte einen Polizisten schwer. Scharfschützen erwiderten das Feuer und verletzten auch Curko, der später im Krankenhaus in Košice verstarb.

Der Fall erinnert an den "Kannibalen von Rotenburg" in Hessen, der 2001 mit einem Mann aus Berlin ebenfalls dessen Tötung und Verspeisung verabredet hatte und dies auch ausführte. Er wurde wegen Mordes und Störung der Totenruhe zu lebenslanger Haft verurteilt.

© SZ vom 19.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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