Skandal um Billig-Silikon:Vier Jahre Haft für Implantat-Betrüger

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Verurteilt wegen Betrugs: Jean Claude Mas, Gründer von Poly Implant Prothèse. (Foto: Guillaume Horcajuelo/dpa)

Zehn Jahre lang nutzte die Firma PIP von Claude Mas Industriesilikon für Brustimplantate. Am Montag wurde er verurteilt.

Von Christina Berndt, München

Im Skandal um Brustimplantate aus Billig-Silikon hat ein Berufungsgericht die vierjährige Haftstrafe für den Gründer der Firma PIP bestätigt. Das Gericht in Aix-en-Provence verurteilte Jean-Claude Mas am Montag wegen schwerer Verbrauchertäuschung und Betrugs. Seine Firma hatte zehn Jahre lang anstelle von medizinischem Silikon preiswertes Industriesilikon für Brustimplantate genutzt. In der Folge waren die Kissen reißanfällig, das Füllmaterial konnte auslaufen und Entzündungen auslösen. Die Firma sparte durch den Betrug jedes Jahr eine Million Euro ein. Der Fall war 2010 aufgeflogen. Allein in Frankreich ließen sich daraufhin mehr als 18 000 Frauen auf Anraten von Behörden die Implantate herausoperieren, in Deutschland waren Schätzungen zufolge etwa 6000 Frauen betroffen.

Firmengründer Mas war in erster Instanz bereits 2013 verurteilt worden. Der damals 73-Jährige wurde auch schuldig gesprochen, den TÜV Rheinland betrogen zu haben, der das Herstellungsverfahren der Implantate zertifiziert hatte. Dessen ungeachtet fordern Tausende Frauen Schadenersatz vom TÜV. Sie werfen ihm vor, gegen die Kontrollpflichten verstoßen zu haben.

Mit der Bestätigung des Urteils habe das Gericht "im wahrsten Sinne des Wortes Recht gesprochen", sagte Raymund Horch, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Immerhin etwas Gutes habe der Betrug aber bewirkt, so Horch: Europaweit habe die Sicherheit von Medizinprodukten an Bedeutung gewonnen. So dürfen Prüfer neuerdings unangekündigte Kontrollen bei ihren Kunden vornehmen. "Mit überraschenden Visiten wäre der Betrug wohl frühzeitig aufgedeckt worden", meint Horch. Er fordert zudem ein Register für Implantate, weil Komplikationen dadurch schneller auffielen. Denn ungeachtet aller Skandale: Der Bedarf an Körpereinbauten ist groß. Auch Brustimplantate boomten sehr bald nach einem kleinen PIP-Tief wieder.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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