Sexskandal um chinesischen Politiker:Unter Orgien-Verdacht

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Die Vorwürfe klingen ungeheuerlich, zumindest vor dem Hintergrund der konservativen chinesischen Sexualmoral: Der Politiker Wang Minsheng soll gemeinsam mit Parteifreunden eine Swingerparty gefeiert haben. Der Beschuldigte dementiert - und die Führung in Peking erteilt den Medien einen Maulkorb.

Christoph Giesen

So richtig enthemmt ist die Situation eigentlich nicht: zwei leicht bekleidete Frauen, dahinter, etwas betreten dreinschauend, drei nackte Männer. Einer spreizt schüchtern die Finger zum Victoryzeichen. Was eher nach Mannschaftsfoto als nach Porno aussieht, ist in China binnen weniger Tagen zu einem mittelprächtigen Sexskandal mutiert.

Die Frage, die viele Chinesen umtreibt, lautet: Ist einer der nackten Männer Wang Minsheng? Internetnutzer wollen auf den Aufnahmen den Kreisparteichef von Lujiang, einer Präfektur in der zentralchinesischen Provinz Anhui erkannt haben. Sind die Gruppenbilder also ein Beleg für eine Swingerparty der Partei?

Für Kreischef Wang ist das ein gefährlicher Vorwurf. Die chinesische Sexualmoral ist sehr konservativ. Das Gesetz auch. In der Volksrepublik ist swingen, also der einvernehmliche Partnertausch, illegal. Swingerpartys sind nach dem chinesischen Strafgesetzbuch eine "Gruppenzügellosigkeit".

"Der nackte Mann ist nicht unser Parteichef"

Viele Chinesen empört zudem, dass angeblich ein hochrangiger Funktionär beteiligt gewesen sein soll: Erst morden die Kader (die Ehefrau des geschassten Parteichefs von Chongqing hatte erst kürzlich gestanden, einen britischen Geschäftsmann vergiftet zu haben), und nun feiern Chinas Funktionäre auch noch wilde Sexorgien, heißt es in vielen Mitteilungen beim populären Kurznachrichtendienst Weibo.

Kreischef Wang dementiert heftig. Unter der Überschrift "Der nackte Mann ist nicht unser Parteichef" lässt er in der Volkszeitung mitteilen, dass es sich um eine Verwechselung handelt. Andere chinesische Staatsmedien schreiben widersprüchlich von gemeinen Photoshop-Attacken, mit denen Wang diskreditiert werden soll.

Inzwischen haben sich zwei Teilnehmer geoutet: ein Vize-Sekretär der Parteijugendorganisation an der Universität Hefei und seine Ehefrau. Er wurde sogleich von seinen Ämtern entbunden und aus der Partei ausgeschlossen, sie darf nicht mehr als Lehrerin an einer Mittelschule arbeiten. Beide sagen, dass Wang Minsheng nicht mit von der Partie war.

Die Propagandaabteilung der Partei in Peking hat trotzdem in einer internen Dienstanweisung die Zeitungen des Landes aufgefordert, nicht weiter über den Zwischenfall zu berichten. Sicher ist sicher.

© SZ vom 20.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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