Schweden:Bråvalla-Festival künftig als männerfreie Zone?

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Eigentlich lief auf dem Bråvalla-Festival alles gut, dann gab es vier Vorfälle. (Foto: Reuters)
  • Beim Bråvalla-Festival in Schweden soll es mehrere Vergewaltigungen gegeben haben. Der Veranstalter sagte das Festival deshalb für das kommende Jahr ab.
  • Es ist nicht das erste Mal, dass schwedische Festivals wegen sexueller Übergriffe in den Schlagzeilen stehen.

Von Michaela Schwinn

Håkan Hellström säuselte gerade ins Mikrofon, tausende Hände streckten sich in den Nachthimmel, als sich einer jener Vorfälle ereignete, der das vorzeitige Ende des Bråvalla-Festivals im schwedischen Norrköping bedeutete. Während des Auftritts des Sängers soll eine 15-Jährige inmitten der Zuschauermenge misshandelt worden sein. Drei weitere Vergewaltigungen wurden von Besucherinnen zur Anzeige gebracht, teilte die Polizei mit.

Zum Bråvalla-Festival kommen jährlich 50 000 Menschen in die südschwedische Stadt Norrköping. Dieses Jahr waren Linkin Park und System of a Down unter den Headlinern, alles lief gut, bis es am letzten Tag vom Veranstalter hieß: "Es ist verdammt nochmal nicht in Ordnung!" Mit "nicht in Ordnung" waren die mutmaßlichen Vergewaltigungen gemeint, aber auch 23 weitere Fälle sexueller Belästigung, die sich in vier Tagen zugetragen haben sollen. Das Festival, eines der größten in Schweden, sei für das kommende Jahr abgesagt, teilte der deutsche Veranstalter FKP Scorpio mit: "Es ist nicht so, dass wir mit dem Problem nicht umgehen können oder dass es ein Problem von Festivals ist, es geht um ein klares Statement."

Die Band Mumford & Sons tritt nicht mehr beim Bråvalla-Festival auf

Auch die schwedische Komikerin Emma Knyckare meldete sich zu Wort. Auf Twitter schlug sie ein Festival nur für Frauen vor: "Es soll so lange stattfinden, bis alle Männer gelernt haben, sich anständig aufzuführen", steht in ihrem Tweet. Es war nur eine von vielen Reaktionen. Doch offenbar meint es Knyckare ernst: Sie wolle in den nächsten Tagen Organisatoren und Event-Planer zusammenbringen, um das männerfreie Festival schon 2018 umzusetzen, schrieb sie.

Alle Männer von einer Großveranstaltung auszuschließen - das wäre tatsächlich neu. Männerfreie Zonen aber gibt es bereits: Das Glastonbury Festival in England richtete vergangenes Jahr Plätze nur für Frauen ein. In der "Schwesternschaft" ("The Sisterhood"), wie der Bereich hieß, gab es Workshops, Do-it-yourself-Kurse, die Frauen sollten dort Spaß haben, sich unterhalten. Um Schutz vor Männern aber ging es noch nicht.

Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass schwedische Festivals wegen sexueller Übergriffe in den Schlagzeilen stehen. 2016 wurden auf dem Bråvalla und dem "Putte i Parken"-Festival in Karlstad mehr als 40 sexuelle Übergriffe gemeldet. Die britische Folk-Rock-Band Mumford & Sons erklärte damals, erst wieder beim Bråvalla aufzutreten, wenn sich etwas "gegen die abscheulich hohe Rate sexueller Gewalt getan hat".

Codewörter - auch für Männer

Ob das Bråvalla in Zukunft wieder stattfindet und welche Sicherheitsvorkehrungen dann getroffen werden, darüber konnte der Veranstalter auch am Mittwoch keine Auskunft geben. Unklar ist auch, ob die Vorfälle Konsequenzen für deutsche Festivals wie den Chiemsee Summer, Southside oder das Hurricane haben - sie werden ebenfalls von FKP Scorpio veranstaltet.

Eine Neuerung immerhin gibt es schon, jedenfalls bei Festivals dieses Veranstalters: Wer sich bedroht oder belästigt fühlt, soll sich an Mitarbeiter oder Polizisten wenden und sagen: "Wo geht's nach Panama?" Die Frage ist ein Code. Auch Männer dürfen ihn benutzen.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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