"Schwarze Witwe":Eine Frau, die "über Leichen geht"

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Der Lebensweg von Lydia L. ist gesäumt von toten Männern. Doch die ehemalige Prostituierte tötete nicht selbst, sie ließ töten. Dann ging der Mann, den sie als Henker missbrauchte, zur Polizei.

Hans Holzhaider

Göttingen - "Diese Frau", sagt Staatsanwalt Andreas Buick, "geht über Leichen, um sich zu bereichern." In der Tat - der Lebensweg von Lydia L. während der letzten 25 Jahre ist gesäumt von toten Männern, die zu Lebzeiten zwei Eigenschaften gemein hatten: Sie waren hochbetagt, und sie hinterließen der heute 69 Jahre alten ehemaligen Prostituierten ansehnliche irdische Güter - sei es in Form von Geschenken, einer Erbschaft oder einer Witwenrente.

Befasste sich nach der Ehe mit einem Trunkenbold nurmehr materiell : Lydia L. (Foto: Foto: ddp)

Die verkohlte Leiche von Günter S., 74, wurde am 24. Juni 1994 auf einem Autobahnparklatz zwischen Göttingen und Kassel gefunden. Der 84-jährigen Adolf B. starb nur drei Monate später in seinem Bett, aber nicht, wie der Arzt bescheinigte, eines natürlichen Todes, sondern weil ihm ein Kopfkissen aufs Gesicht gedrückt wurde. Paul G., 82, lag im März 1995 tot in einem Straßengraben bei Volkerode in Thüringen - mit einer Plastiktüte erstickt, mit Benzin übergossen und verbrannt. Und schließlich Gerhard G., 71, im Juli 2000 ebenfalls mit einer Plastiktüte erstickt und im eigenen Garten verbuddelt. Alle vier, dessen ist sich der Staatsanwalt sicher, starben auf Befehl von Lydia L.

Sie tötete nicht selbst, sie ließ töten, und als Henker missbrauchte sie ihren Hausknecht, den 53-jährigen Siegfried S., genannt Siggi. Am Donnerstag stellte Staatsanwalt Buick vor dem Landgericht Göttingen seine Strafanträge: Lebenslange Haft für Lydia L., 15 Jahre für Siggi S.

Wer reich war, wurde eingeladen

Lydia L., hochintelligent, war nach einer katastrophalen Ehe mit einem gewalttätigen Trunkenbold entschlossen, sich mit Männern fortan ausschließlich unter materiellen Aspekten zu befassen. Per Kleinanzeige, gern in der Zeitschrift "Heim und Welt", bot sie älteren Herren liebevolle Betreuung an. Wer sich als wohlhabend erwies, wurde in Lydia L.'s Haus in Bodenfelde an der Weser eingeladen, den einen oder anderen heiratete sie sogar, inserierte aber zugleich munter weiter. Siggi S., intellektuell deutlich minderbemittelt und hygienisch sehr verwahrlost, fand bei Lydia L. eine Art Familienanschluss, allerdings um den Preis, dass er nach ihrer Pfeife tanzen musste. Immer mal wieder jagte sie ihn "wie einen Hund" aus dem Haus.

Beim letzten Mal rächte sich das: Siggi ging zur Polizei und machte reinen Tisch. Das rechnet ihm der Staatsanwalt hoch an; "ohne S. wären all diese Morde unaufgeklärt geblieben." Das Urteil soll am 3. Juli verkündet werden.

© SZ vom 21.06.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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