Schule für homosexuelle Kinder:Es gibt keine Gesetze

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Sie werden beschimpft und geschlagen, einer wurde gar getötet: Weil sich in den USA die Übergriffe gegen homosexuelle Schüler häufen, sollen sie nun auf eine andere Schule gehen.

Jürgen Schmieder

Im Februar wurde in den Vereinigten Staaten der 15-jährige Schüler Lawrence King von einem Klassenkameraden erschossen. Als Motiv gab der Täter an, dass er kurz zuvor von King gefragt wurde, ob er am Valentinstag ein Rendezvous mit ihm haben möchte. Es war eine grausame Tat gegen einen Schüler, der anders war. Es war die extreme Spitze des riesigen Eisbergs von Übergriffen gegen homosexuelle Schüler in den USA.

Sterne, Streifen, Regenbogen: In den Vereinigten Staaten gibt es Widerstände gegen eine Schule für homosexuelle Kinder. (Foto: Foto: AFP)

Einer Studie des Gay, Lesbian and Straight Education Network zufolge, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde, verpassen homosexuelle Schüler in den Vereinigten Staaten drei Mal häufiger Schulstunden, weil sie sich unsicher und verfolgt fühlen. 86 Prozent gaben an, beschimpft worden zu sein, 22 Prozent wurden bereits wegen ihrer sexuellen Orientierung verletzt. Aus diesen fortwährenden Angriffen würden schlechte Noten resultieren - homosexuelle Schüler sind in den Vereinigten Staaten im Schnitt um eine halbe Notenstufe schlechter als ihre heterosexuellen Klassenkameraden.

Wie geht man mit diesem Problem um? In Chicago soll nun eine Schule eröffnet werden, die nur für homosexuelle Schüler zugänglich ist. "Es soll keine 'schwule Highschool' sein, aber sie ist durchaus für Kinder gedacht, die das Gefühl haben, Opfer von Angriffen wegen ihrer sexuellen Orientierung geworden zu sein", sagt Josh Edelmann. Er ist verantwortlich für öffentliche Schulen in Chicago. Der "Pride Campus" der "School of Social Justice" soll räumlich abgetrennt werden, sich aber am Lehrplan anderer Schulen orientieren. Den Kindern wird psychologische Betreuung angeboten, dazu soll es ausgewählte Kurse geben, die sich mit sexueller Orientierung beschäftigen.

"Es geht uns darum, den Kindern eine Alternative zu bieten", sagt Edelmann. "Sie sollen eine Wahl haben und eine ebenso hochqualifizierte Ausbildung genießen wie andere Schüler. Wenn wir nichts unternehmen, wird es weiterhin Berichte von schlechten Noten, gewalttätigen Angriffen und sogar Morden wie dem an Lawrence King geben."

In Chicago bildet sich derzeit Widerstand gegen die Eröffnung der Schule - und das aus zwei Gründen. Gegner gaben an, dass die Schule nicht dazu führen würde, Homosexuelle in der Gesellschaft zu integrieren, sondern die Trennung noch vorantreiben würde. Vielmehr solle man Gesetze einführen, die Schüler vor diesen Übergriffen schützen sollen.

Am 22. Oktober wird der Schulrat in Chicago darüber abstimmen, ob es die Schule für homosexuelle Schüler geben wird oder nicht. "Die Frage müsste anders lauten", sagt Kevin Jennings, Leiter der Studie. "Man müsste sich fragen, ob wir wirklich alles tun, um diesen Kindern eine anständige Ausbildung zu gewährleisten."

Aus der Studie geht nämlich auch hervor, dass es in Illinois wie in 39 anderen US-Bundesstaaten kein Gesetz gibt, dass Schüler vor Angriffen wegen ihrer sexuellen Orientierung schützt. "Diese Gesetze wären jedoch nötig, um Schüler nicht abgrenzen zu müssen", sagt Jennings.

Derzeit scheint in den Vereinigten Staaten jedoch der einzige Weg, um Angriffe zu verhindern, der zu sein, homosexuelle Kinder in eine abgetrennte Schule zu schicken.

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