Schleswig-Holstein:Tim ist vermutlich tot

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Auf der Suche nach dem vermissten Zweijährigen aus Elmshorn hat die Polizei nahe der elterlichen Wohnung eine Kinderleiche gefunden.

Ralf Wiegand

Hamburg - Die quälendste unter all den Fragen, die das Verschwinden des kleinen Tim aus Elmshorn aufgeworfen hat, ist höchstwahrscheinlich mit der schlimmsten aller Möglichkeiten beantwortet worden. Seit einer Woche fragten sich die Polizeibeamten, fragte sich die ganze Stadt, die nach dem zweieinhalb Jahre alten Knirps suchte, ob er noch lebt.

Nun hat der Suchtrupp der "Soko Tim" am Mittwoch eine Kinderleiche gefunden, ganz in der Nähe der Wohnung, aus der der blonde Junge vor einer Woche so plötzlich verschwunden sein soll. "Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um die Leiche von Tim", sagte Dieter Böckel, Sprecher der Kripo Itzehoe, auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung.

Nun ist aus dem Rätsel um das mysteriöse Verschwinden des Kindes offenbar ein Rätsel um dessen Tod geworden. Mehr als den Fund der Kinderleiche in einer Parallelstraße zur elterlichen Wohnung bestätigte die Polizei bisher nicht.

Am Morgen hatten Beamte damit begonnen, Wohnungen in leerstehenden, zum Abbruch bestimmten Häusern zu durchsuchen. Die Häuser waren zwar schon bald nach dem Verschwinden Tims durchkämmt worden, allerdings ohne intakte, verschlossene Wohnungen zu öffnen.

Das holte die Polizei jetzt nach, nachdem sie erfahren hatte, dass für diese Abbruchhäuser viele Schlüssel im Umlauf sind. Die Kinderleiche sei aber nicht in einer dieser Wohnungen gefunden worden, sagte Polizeisprecher Böckel. Pressemeldungen, wonach Tim im Haus seines Vaters gefunden worden sein soll, wollte bei der Kripo niemand kommentieren.

"Nicht jeder, den wir befragen, ist ein Tatverdächtiger"

Offen blieb somit auch, ob der Fund mit dem Verhör des Lebensgefährten von Tims Mutter zusammenhängt. Der Mann war am Morgen aus seiner Wohnung abgeholt und von der Polizei befragt worden. Das bestätigte Rainer Holm von der Kripo Itzehoe, fügte aber an: "Nicht jeder, den wir befragen, ist ein Tatverdächtiger."

Befragt wurden in der vergangenen Woche immer wieder alle, die mit Tim zu tun hatten, vor allem die Mutter. Die 21-Jährige will Tim am vergangenen Donnerstagabend zuletzt gesehen haben, als er angezogen auf seinem Bettchen gesessen habe und fast eingeschlafen sei. Die Mutter sei dann selbst vom Schlaf übermannt worden - als sie gegen 22.30 Uhr aufgewacht sei, sei Tim verschwunden gewesen.

Die beiden wohnten "in einem kleinen Zweifamilienhaus oder in einem großen Einfamilienhaus, wie man will", sagte Polizist Holm. Das Erdgeschoss steht leer, im oberen Stock ist außer der Wohnung der Mutter noch die ihres Freundes. Eine Schließanlage gibt es nicht, nur gewöhnliche Zimmertüren.

Ihre Wohnungstür, behauptete Tims Mutter, sei nicht abgeschlossen gewesen, so dass sowohl Tim hätte aus der Wohnung weglaufen als auch ein Fremder hätte eindringen können. Tims Mutter sei gesundheitlich angeschlagen, sagte der Polizist, es sei daher durchaus vorstellbar, dass sie fest geschlafen und nichts gehört habe.

Zeugen dafür, dass sie wegen ihrer Krankheit mit Tim den ganzen Tag in der Elmshorner Wohnung war, wie sie sagt, gebe es aber nicht.

Tims Eltern lebten getrennt, der Vater wohnte nur ein paar Häuser weiter. Anfangs habe es laut Polizei Streit gegeben, auch ums Besuchsrecht. Inzwischen sei der Umgang des getrennten Paares geordnet, sagt Polizist Holm: "Es gab ein geregeltes Besuchsrecht, das der Vater wahrgenommen hat."

Auch Tims Großeltern, die direkt gegenüber leben, wurden mehrfach vernommen. "Wir haben auf alle Fragen bisher plausible Antworten bekommen", sagte Holm. Allerdings gebe es auch zu jeder denkbaren Variante von Tims Verschwinden neue Fragezeichen.

© SZ vom 17.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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