Scheidungskrieg:Der Rentner und die Goldgräberin

Lesezeit: 3 min

Abwicklung einer Ehe: In England liefern sich Paul McCartney und Heather Mills eine abenteuerliche Scheidungsschlacht, mit tatkräftiger Unterstützung der Presse.

Tanja Rest

"Will you still need me, will you still feed me, when I'm sixty-four?" 39 Jahre, nachdem er diese Zeilen zum ersten Mal gesungen hat, kennt Sir Paul McCartney, 64, jetzt endlich die Antwort: Nein.

Die jüngste Meldung in der Scheidungssache McCartney gegen Mills stammt aus dem Daily Mirror vom Dienstag: Paul habe die Polizei gerufen, nachdem Heather unangemeldet vor der gemeinsamen Villa in London aufgetaucht sei und sich Einlass verschaffen wollte. Eine Überreaktion, glaubt man der zweitjüngsten Meldung: Am Sonntag schrieb der Sunday Mirror, Paul habe die Schlösser der Londoner Villa ausgetauscht.

Am selben Tag wurde er in News of the World mit den Worten zitiert, er fühle sich "verraten" - möglicherweise eine Replik auf den Mirror vom Samstag, der Heather mit den Worten zitiert hatte, sie fühle sich sitzen gelassen von einem "Rentner". Nachdem der Ex-Beatle Paul McCartney und das 25 Jahre jüngere Ex-Model Heather Mills vier Jahre lang keine wirklich harmonische Ehe geführt haben, wollten sie wenigstens eine wirklich harmonische Scheidung hinbekommen. Das haben sie gründlich vermasselt.

Heather Mills muss so etwas geahnt haben, als sie am 11. Juni 2002 das Nationalheiligtum Britanniens heiratete: "Irgendwann werde ich als schreckliche Frau gelten, die mit dem perfekten Mann verheiratet war - und es trotzdem verbockt hat." Die Frauen der Beatles haben es bei der Presse schon immer schwer gehabt. Die Lennon-Witwe Yoko Ono muss sich bis heute den Vorwurf gefallen lassen, die Band auf dem Gewissen zu haben. Linda McCartney, die fast dreißig Jahre lang mit Paul verheiratet war, galt als abgehobene, egoistische Ziege - bis sie durch ihren Krebstod 1998 in den Augen der Öffentlichkeit quasi geläutert und posthum zur Heiligen verklärt wurde.

Jede Menge Dreck

Heather Mills hat vor 13 Jahren bei einem Motorradunfall das linke Bein verloren. In der Presse schien ihr das zunächst nur Vorteile zu bringen, weil man sie als "tapfere junge Frau, die sich nicht unterkriegen lässt" wunderbar verkaufen konnte. Aber das war nur eine Schonfrist. Als sie McCartney heiratete, hatte die Sun das Buch mit den Nacktbildern dem Vernehmen nach schon im Tresor, um die Bombe dann im passenden Moment hochgehen zu lassen.

Der britische Boulevard mit seiner obersten Scharfrichterin The Sun besitzt das grausamste Mundwerk der Welt, aber wahrscheinlich hat er noch über keinem Menschen so viel Dreck ausgeschüttet wie über der zweiten Mrs. Paul McCartney. Konkrete Quellen gab es selten, doch wen störte das. Am Ende genügte einfach die Menge des Drecks.

Namenlose "Vertraute des Paares" berichteten im Wochentakt, Heather habe Paul dazu gebracht, sich die Haare zu färben, die Falten wegoperieren zu lassen und das Marihuana-Rauchen einzustellen. Sie sei eiskalt und herrisch und von Anfang an nur hinter dem Geld her gewesen - "Gold digger", Goldgräberin, hieß sie fortan in der Presse. "Ich hatte keine Probleme mit den Medien, bis ich geheiratet habe", schreibt Mills in ihrem Buch mit dem etwas unglücklichen Titel "Life Balance: Die Schlüssel zu einem glücklichen Leben". Es erschien am 25.Mai 2006. Eine Woche zuvor hatte das Paar seine Trennung bekannt gegeben.

Als die Ehe offiziell vorbei war, ging die Schlammschlacht gegen "the Beast" erst richtig los und unterhält das Vereinigte Königreich bis heute. Es meldete sich: Mills' Ex-Verlobter, ein gewisser Chris Terrill, mit einem offenen Brief an McCartney in der Sunday Times. Mills sammele Männer "wie Briefmarken oder Schmetterlinge", schrieb Terrill. Es meldete sich: die Sun, die nun endlich den Moment gekommen sah und Mills' Nacktfotos zeigte, aufgenommen vor zwanzig Jahren für einen deutschen Sex-Ratgeber. Es meldeten sich: Denise und Petrina, zwei Prostituierte, die zusammen mit Mills einen arabischen Prinzen und Adnan Kashoggi beglückt haben wollten. Die Zeitungen druckten alles.

Zuletzt haben sich allerdings auch Paul McCartney und Heather Mills ziemlich oft zu Wort gemeldet und die Schlagzeilen damit nicht unbedingt entschärft. Schließlich geht es um mehr als um den guten Ruf. Da ist das noch offene Sorgerecht für die gemeinsame Tochter Beatrice, zwei Jahre alt.

Und da sind die etwa 1,1 Milliarden Euro, auf die McCartneys Privatvermögen geschätzt wird. Die McCartneys haben keinen Ehevertrag geschlossen. Britische Scheidungsrichter sind berühmt dafür, reiche Männer bluten zu lassen - erst kürzlich hat der Londoner High Court der Ex-Frau eines Versicherungsmanagers die Rekordsumme von 70 Millionen Euro zugesprochen.

"Die Goldgräberin" kann mit bis zu 300 Millionen Euro rechnen.

© SZ vom 9. August 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: