Sarah Connor:Im Kitschnäpfchen

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An einem spanischen Strand wurde die Vermählung von Sarah Connor und Marc Terenzi inszeniert wie in einer schlechten Seifenoper. Möglicherweise war sie gerade deshalb so erfolgreich.

Hans Hoff

Es kommt nicht häufig vor, dass man Stefan Raab spontan umarmen möchte, aber am Dienstag hat sich der Pro-Sieben-Moderator die Ehre verdient. "Was für ein Scheiß!", sagte er in die Kamera, und in seinen Gesichtszügen war echtes Entsetzen zu erkennen. Darüber, dass sein Brötchengeber kurz zuvor 4,2 Millionen Zuschauer vor die Mattscheibe gelockt hatte - mit einem Produkt, das gruseliger kaum hätte ausfallen können.

Kein Kitschnäpfchen ausgelassen: Sarah Connor mit ihrem Marc. (Foto: Foto: dpa)

Es war das Finale von Sarah&Marc in Love: Die Doku-Soap führte vor, wie es in der Familie der niedersächsischen Sängerin Sarah Connor und ihres Lebensgefährten Marc Terenzi, einst umjubelter Star bei der US-Boyband "Natural", zugeht. Zum Schluss der Miniserie haben die beiden nun geheiratet. An einem spanischen Strand wurde die Vermählung inszeniert wie in einer schlechten Seifenoper. Möglicherweise war sie gerade deshalb so erfolgreich.

Royal-Berichterstattung für Arme

Über Wochen hatte man die Hochzeitsvorbereitungen verfolgen dürfen und erfahren, was neureiche Spießbürger unter Schönheit, Feierlichkeit und Lebensglück verstehen. Beworben wurde das heftig von der Bild-Zeitung, die das Projekt mit sicherem Instinkt für die Bedürfnisse ihrer Leser aufgespürt hatte und mit vielen Details jubelnd begleitete. In Grundzügen ähnelte das einer Royal-Berichterstattung für Arme.

Auf eine bestimmte Art war das aber trotzdem auch Bildungsfernsehen erster Güteklasse - schließlich ermöglichte die Kamera einen Einblick in eine vielen Menschen bislang unbekannte Welt. Es muss nicht immer der ostasiatische Dschungel sein, in dem Dokumentarfilmer unbekannte Aspekte irdischen Seins auftun, manchmal reicht auch der Blick in die vergoldete Biederkeit einer Delmenhorster Villa. Dort trafen Marc und Sarah auf Freunde, auf Hochzeitsplaner, auf Verwandte, und die Kamera war immer dabei.

Kein Kitschnäpfchen ausgelassen

Man hat sich nach dem Erfolg der MTV-Dokusoap "The Osbournes" nicht vorstellen können, dass dieses Format erfolgreich auf deutsche Verhältnisse zu übertragen sei. Und doch ist es nun gelungen, eine Familie zu finden, die in all ihrer Verschrobenheit so unverstellt wirkte, wie man im Beisein von Kameras nur unverstellt wirken kann. So entstand die Illusion, wirklich am Leben jener Sängerin teilzuhaben, die sich kürzlich am Text der deutschen Nationalhymne die Zunge verbrüht hatte.

Nun glaubt man zu wissen, wie die Dame privat so ist, nachdem man in einer wilden Mischung aus Entsetzen und Unglauben ansehen durfte, wie sie ihren Marc ehelichte, dabei kein Kitschnäpfchen ausgelassen und große Liebe gespielt und vielleicht empfunden wurde. Da mochte man sich noch so sehr schütteln ob der Tränen, die das Paar dabei vergoss: Es gab kein Abwenden, und mit jedem neuem Zitat aus dem Poesiealbum wurde alles noch ein bisschen peinlicher - und faszinierender.

So deutlich sieht man nicht alle Tage, wie jene ticken, denen die Kinder zujubeln. Insofern war der Scheiß dann doch ein ganz schöner.

© SZ vom 25.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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