Royals:Die Fremde

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Wie einst Diana: Herzogin Meghan rebelliert gegen den goldenen Käfig der Konventionen und gegen die britische Klatschpresse.

Von Claudia Fromme

Wenn es um das britische Königshaus und sein menschliches Inventar geht, sind Details entscheidend. Trägt die Queen die Handtasche links oder rechts? Ist Kates Blumenkleid von Top Shop oder von Prada? Und was bedeutet es, wenn Keksdosen, auf denen Harry und Meghan zu sehen sind, in britischen Souvenirläden reduziert verkauft werden? Vielleicht bedeutet Letzteres einfach nur, dass zu viele Dosen produziert worden sind. Aber natürlich lesen Traditionalisten das anders. Nämlich, dass Harry, 35, und Meghan, 38, abgemeldet sind. Dass sie ferner den Sellout der Monarchie betreiben, den Ausverkauf. Sell-out ist ein schönes Wort aus der Punkszene, und es wird verwendet, wenn sich eine Band den Regeln ihres Biotops nicht beugt, sondern jenen der Masse.

Meghan ist eine Zumutung für den Palast, viel mehr als Diana je eine war. Diana hat mehr als eine Dekade der Duldsamkeit gebraucht, um aus dem goldenen Käfig auszubrechen. Meghan hat gar nicht erst vor, dort einzuziehen. Beide forderten mehr Menschlichkeit im Palast. Die Sex Pistols sangen vor 50 Jahren: "God save the queen / She's not a human being."

Ihre Kritik platziert Meghan wie Diana im Fernsehen, was ein Regelbruch ist. Die Maxime der Queen heißt: "Never complain, never explain." Nie beschweren, nie erklären. Diana ließ das Märchen von der schönen Prinzessin in einem BBC-Interview 1995 platzen, Meghan nutzte die ITV-Dokumentation zu ihrer Afrikareise mit Harry im Herbst, um fundamentale Kritik zu äußern. Die stiff upper lip bekomme sie nicht hin, sagte sie, sich also nichts anmerken zu lassen, wenn die Klatschpresse feuert. Später sagt sie fast flehentlich in die Kamera: "Es reicht nicht, nur zu überleben. Man muss auch glücklich sein."

Wird die Herzogin von Sussex vom Boulevard schlechter behandelt als andere Royals? Besser sicher nicht. Andere Blätter machen mit. Der konservative Spectator schreibt: "Vor 70 Jahren wäre Meghan Markle natürlich die Art Frau gewesen, die ein Prinz sich als Geliebte genommen hätte und nicht zur Ehefrau." Klingt rassistisch. Nicht zufällig gab Meghan, die eine afroamerikanische Mutter hat, das Interview in Südafrika. Harry, Dianas Sohn, hat mehrere Blätter verklagt. "Ich habe meine Mutter verloren und sehe jetzt, wie meine Frau Opfer derselben mächtigen Kräfte wird", schrieb er in einem Statement. Die Royals gehen mit dem Volk auf Tuchfühlung wie nie zuvor, aber Prinzessinnen haben weiter artig zu lächeln und Kinder zu gebären. Kate spielt die Rolle so perfekt, dass der Boulevard die Lust an ihr verloren hat.

Als Meghan aber Harry kennenlernte, war sie bereits Selfmade-Millionärin. Sie spielte erfolgreich in "Suits" und setzte sich für Frauenrechte ein. In "The Crown" sagt die Darstellerin der Queen, Olivia Colman: "Wir haben alle unsere persönlichen Freiheiten geopfert. Das ist keine Frage der Wahl, sondern schlicht eine der Pflicht." Um Selbstverwirklichung geht es nicht.

Claudia Fromme ist Redakteurin im Ressort Gesellschaft.

© SZ vom 01.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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