Robbenjagd in Kanada:270.000 Robben sollen sterben

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In Kanada ist die Jagd auf Robben wieder eröffnet. Die Kanadische Regierung verteidigt ihre Entscheidung. Derweil laufen Tierschutz-organisationen Sturm, weil bereits die Klimaerwärmung den Robbenbestand merklich dezimiert hat.

Bernadette Calonego

Um Kanadas Robben, auf die der jährliche Jagdzug an der Atlantikküste begonnen hat, wird mit härteren Mitteln gefochten denn je. Für die kanadische Regierung sind derzeit Delegationen in Europa unterwegs, um weitere Boykotte und Anti-Robbenjagd-Gesetze zu verhindern.

270.000 der süßen Robben sollen sterben. (Foto: Foto: dpa)

Derweil laufen Tierschutzorganisationen Sturm, weil Robbenbabys wegen des ungewöhnlich warmen Klimas ohnehin bedroht sind: Laut Experten schmilzt das Eis im südlichen Teil des St.-Lorenz-Golfes wegen des ungewöhnlich warmen Klimas, und viele neugeborene Robben, die noch nicht schwimmen können, ertranken.

Sheryl Finck, Forscherin beim Internationalen Tierschutz-Fonds (IFAW), hat in Charlottetown auf der Prinz-Edward-Insel Position bezogen. Sie ist gerade von einem Hubschrauberflug zurückgekehrt, von dem aus sie ein Boot mit Robbenjägern beobachtete. "Es gibt kein solides Packeis in dieser Gegend", sagt sie, "es ist dramatisch."

Die Robbenmütter müssten statt auf dem Eis im Wasser gebären, und ihr Nachwuchs komme um. Finck sagt, 70 bis 80 Prozent der Robbenbabys könnten ertrunken sein. Unter diesen Umständen sei die Quote, die Kanada für die Jagd auf Robben festgesetzt habe, unhaltbar.

Phil Jenkins, Sprecher des kanadischen Fischereiministeriums, sagt, man habe wegen der erhöhten Sterblichkeit von Robbenbabys die Fangquote auf 270.000 Tiere gesenkt. Im vergangenen Jahr seien es 335.000 Tiere gewesen. Die schlechten Eisverhältnisse beträfen nur rund 20 Prozent des Jagdgebietes, sagt Jenkins.

Die kanadische Regierung hat ihre Kampagne intensiviert, um der Welt zu beweisen, dass die Robbenjagd "human" ausgeführt werde. Die Europäische Union (EU) will nun unabhängige Tierärzte nach Kanada schicken, um die Jagd zu beobachten.

Diese könnten dann selber sehen, sagt Jenkins, dass ein Schlag mit dem Hakapik, einer Art Spitzhacke, die Robben beim ersten Hieb töte, wenn es richtig gemacht werde. Die meisten Robben werden erschossen.

Aber Sheryl Finck sagt: "Wir sehen weiterhin unsägliches Leiden." Sie habe auf ihrem Flug beboachtet, wie eine angeschossene Robbe noch lebend auf ein Schiff geschleppt und erst dort getötet worden sei. Der IWAF behauptet auch weiterhin, dass manche Robben lebendigen Leibes gehäutet wurden. "Das ist Unsinn", sagt Jenkins.

Nach Regierungsangaben hat sich der Bestand der Robben in Kanada seit den siebziger Jahren von 1,8 auf heute 5,5 Millionen Tiere erholt. Kanada will europäischen Staaten klarmachen, dass kleine Fischerdörfer und die Inuit (Eskimos) die Robbenjagd als Einkommen bräuchten.

Immer wieder, kritisiert Phil Jenkins, zeigten Tierschutzorganisationen Bilder von toten weißen Robbenbabys, obwohl die Jungen seit 1987 erst erlegt werden dürften, wenn sich ihr Pelz grau färbe, also etwa nach 15 bis 20 Lebenstagen. Belgien hat bereits die Einfuhr von Robbenprodukten verboten, Holland steht kurz davor, und auch Deutschland überlegt sich ein Verbot.

Laut Jenkins importieren die Deutschen jährlich Robbenpelze im Wert von 1,3 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr töteten kanadische Jäger rund 20.000 Robben mehr als von der Regierung bewilligt. Jenkins versichert, dass die Überwachung jetzt noch strenger werde.

Tierschützer Michael O'Sullivan, Vorsitzender der Humane Society in Ottawa, kritisiert jedoch, eine wirksame Kontrolle sei in den immensen Gebieten entlang Kanadas Ostküste gar nicht möglich.

© SZ vom 3.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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