¡Que viva España!:La la la - und sonst?

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Die Spanier wollen endlich auch bei ihrer Nationalhymne lauthals mitgrölen können - die aktuelle hat leider keinen Text, seit der alte wegen der Nähe zum faschistischen Franco-Regime kurzerhand elimiert wurde. Jetzt sollen neue Reime das alte Lied aufpeppen.

Javier Cáceres

Es liegt nicht unbedingt auf der Hand, dass Stimmbänder, verstärkte Wadenstrümpfe und Nationalgefühl etwas miteinander zu tun haben können. In Spanien allerdings tobt eine Debatte, in alle drei Elemente eine tragende Rolle spielen; es geht um die Frage, ob das Königreich seiner offiziell textlosen Nationalhymne ein paar aktuelle patriotische Verse verpassen sollte.

(Foto: Foto: ddp)

Nun mögen Kenner des Landes einwenden, dass die "Marcha Real", der Königliche Marsch, eine der wohl ältesten Hymnen der Welt sei. Das stimmt auch, es gibt sogar mehrere Textfassungen.

Aber: die letzte offizielle Version gilt als überholt. Sie stammt von einem gewissen José María Pemán und war recht deutlich der faschistischen Franco-Diktatur (1936-1975) verpflichtet: "Es lebe Spanien!/hebt den Arm/ihr Söhne des spanischen Volks/das wieder aufersteht."

Nominell verantwortlich für die aktuelle Diskussion ist der Präsident des Spanischen Olympischen Komitees, Alejandro Blanco - wobei einige, gar nicht mal böse Zungen die Überzeugung äußern, dass die Initiative von einem kampagnenerprobten Blatt namens El Mundo ausging. Einige Sportler seien an ihn herangetreten, weil sie durch ergreifende Zeilen das Gemeinschaftsgefühl stärken wollen, sagte Blanco. Diese Sportsleute seien jedesmal neidisch, wenn bei internationalen Wettstreiten die Briten ("You'll never walk alone"), die Deutschen ("Brüh im Glanze diese Glückes") oder auch die Liechtensteiner ("Oben am jungen Rhein") ihr Liedgut schmetterten. Mit ihrem eher schlichten "La-la-lala", beziehungsweise ihrem "tschun-tschun-tschun" schämten sie sich in Grund und Boden.

Blanco beauftragte daher Spaniens Pendant zur deutschen Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte, der SGAE, also organisierte Autoren, um patriotische Verse zu dichten. Nicht wenige Organisationen blähte dies die Brust mit nationaler Ergriffenheit - allen voran natürlich den Vertretern der Assoziation für die Verbreitung des Spaniertums, aber auch dem Primas der katholischen Kirche, Antonio Cañizares, und die konservative Opposition PP.

"Wer sich gegen einen nationalen Text stellt, tut dies, weil er komplexbeladen ist", diagnostizierte etwa der Sportsprecher der PP im Parlament, Francisco Antonio Gonzalez. Dies dürfte vor allem auf den Teil der Linken gemünzt sein, die mit den Symbolen Spaniens ein Problem haben und sich an das nationalkatholische Fieber unter Franco erinnert sehen.

Aber auch auf die Nationalisten an Spaniens Rändern, die sich nicht zugehörig fühlen. Der Sprecher der katalanischen Separatisten von der ERC Partei etwa sagte, dass man zu "Hymnen anderer Länder" keine Meinung habe.

Womit wir bei den Wadenstrümpfen wären. Das Fachblatt Marca gab nämlich zu bedenken: "Wie sollen wir gemeinsam das Vaterland besingen, wenn wir nicht mal in der Lage sind, die Socken richtig zu knicken?"

Das war eine Anspielung darauf, dass am oberen Ende der so genannten Stutzen die spanische Fahne eingewebt ist, und zwei im sehr eigenwilligen Katalonien groß gewordenen Fußballer, Xavi sowie Puyol, diese gerne nach innen wenden. Seither sehen sie sich Gewissensfragen ausgesetzt, die gewiss noch bohrender würden, wenn es einen Hymnentext gibt, den sie nicht mitsingen sollten.

Ihr Nationaltrainer Luis Aragonés jedenfalls sprang ihnen bei und wies zurück, dass ihr Strumpfgebaren auf mangelnden Patriotismus zurückzuführen sei.

Aragonés darf diesbezüglich als besonders glaubwürdig gelten. Vor ein paar Jahren sang er aus voller Brust den Text mit, den der Franquist Pemán verfasst hatte.

© SZ vom 9.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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