Prozess:Gericht: Tagesmutter mit NPD-Bezug darf ihren Job ausüben

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Zum Auftakt des Prozesses bleiben die Plätze der Klägerin und ihres Anwalts (vorne) leer. (Foto: Bernd Wüstneck/dpa)

Aus Sicht des Verwaltungsgerichts Schwerin darf die politische Einstellung einer Tagesmutter bei der Beurteilung ihrer Eignung keine Rolle spielen. Der Landkreis Ludwigslust-Parchim muss nun reagieren.

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Schwerin (dpa/mv) - Einer Tagesmutter, die Bezug zur rechten Szene hat, darf nicht aus diesem Grund die Berufserlaubnis verweigert werden. Es gebe keine gesetzliche Vorschrift, die von Kindertagespflegepersonen eine dem Grundgesetz förderliche Arbeit verlange, hieß es in der Urteilsbegründung der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Schwerin am Donnerstag.

Geklagt hatte eine Tagesmutter, der die Erlaubnis zur Tagespflege durch den Landkreis verweigert worden war. Ihr Mann ist Mitglied der rechtsextremen NPD und auch sie selbst wird vom Verfassungsschutz laut Aussage des Gerichts „der lokal-rechtsextremistischen Szene“ zugeordnet.

Der Landkreis Ludwigslust-Parchim hatte argumentiert, dass daher eine mögliche ideologische Schädigung der Kinder nicht ausgeschlossen werden könne. Die Behörde stellte die Eignung der Frau zur Ausübung der Kinderbetreuung mit dem Verweis infrage, dass die gesellschaftliche Integration der Kinder gefährdet sei, womöglich könnten sie in eine Parallelgesellschaft abdriften.

Das Gericht sieht für diese Entscheidung keine rechtliche Grundlage. Im zugehörigen Landesgesetz - dem Kindertagesförderungsgesetz (KiföG) - wird zwar von Kindertagesstätten gefordert, die Ziele des Grundgesetzes in ihre Arbeit einzubeziehen, nicht aber bei Tagespflegepersonen. Der Vorsitzende Richter monierte in der Verhandlung ein „legislatorisches Defizit“ bei diesem Thema, zugleich sah er bei den Behörden einen zu reflexhaften Umgang mit dem Thema Extremismus.

Eine automatische Erlaubnis zur Ausübung der Kindertagespflege ergibt sich aus dem Urteil jedoch nicht. Der bisherige Bescheid wurde den Angaben nach lediglich aufgehoben: „Die zuständige Behörde hat nun erneut über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Dabei hat sie die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten“, hieß es. Zudem ist auch noch eine Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht möglich.

© dpa-infocom, dpa:221123-99-636873/4

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