Prozessauftakt gegen Jackson-Leibarzt:15,5 Liter Betäubungsmittel

Lesezeit: 2 Min.

Vor zwei Jahren starb Michael Jackson an einem tödlichen Medikamenten-Cocktail. Nun hat in Los Angeles der Prozess gegen seinen früheren Leibarzt begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, für den Tod des Popstars verantwortlich zu sein. Die Verteidigung kontert, Jackson habe sich die Mischung selbst verabreicht - das auf fünf Wochen angesetzte Verfahren wird live im Fernsehen und Internet übertragen.

Schwach und unsicher sei Michael Jackson bei den Konzertproben nur wenige Tage vor seinem Tod im Juni 2009 gewesen. Das sagte Regisseur Kenny Ortega, der erste Zeuge im Prozess gegen Conrad Murray. Der frühere Leibarzt des "King of Pop" steht seit gestern wegen fahrlässiger Tötung in Los Angeles vor Gericht. Er habe sich große Sorgen um Jacksons Gesundheit gemacht, sagte Ortega, der für die geplante "This is It"-Tournee des Sängers verantwortlich war.

Nach Angaben der Gerichtsmediziner führte eine "akute Vergiftung" mit dem Narkosemittel Propofol zum Tod des Sängers. Dessen Wirkung sei durch das Beruhigungsmittel Lorazepam noch verstärkt worden. Propofol wird normalerweise nur vor Operationen im Krankenhaus gespritzt, Patienten müssen danach ständig überwacht werden.

Dass der Popstar durch diesen tödlichen Medikamenten-Mix ums Leben gekommen ist, ist vor Gericht unumstritten. Bei der Frage, wer für Jacksons Tod verantwortlich ist, gehen die Meinungen aber stark auseinander.

Für die Staatsanwaltschaft ist das klar der 58-jährige Arzt Murray. Der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt David Walgren warf dem Herzspezialisten in seinem Eröffnungsplädoyer vor, er habe durch "grobe Fahrlässigkeit" den Tod Jacksons herbeigeführt. Murray soll Jackson in der Nacht seines Todes Propofol gegeben und ihn dann alleine gelassen haben. Außerdem habe er zu spät den Notarzt alarmiert, nachdem er den Musiker leblos aufgefunden habe. Angeblich hat Murray noch kurz vor Jacksons Tod 15,5 Liter des Betäubungsmittels bestellt.

Walgren sagte, Michael Jackson habe "wortwörtlich sein Leben in die Hände von Conrad Murray gelegt". Dieses "falsch gesetzte Vertrauen" habe den Popstar sein Leben gekostet. Murray habe mehrfach grob fahrlässig gehandelt; eine angemessene Behandlung Jacksons habe es nicht gegeben.

Die Verteidigung ist der Auffassung, der Sänger habe unter extremen Schlafstörungen gelitten und selbst das Beruhigungsmittel und Propofol eingenommen, als Murray nicht bei ihm war. Der Sänger habe vor seinen bevorstehenden Comeback-Konzerten unter enormem Druck gestanden, sagte Verteidiger Ed Chernoff. "Er hat ohne das Wissen und ohne die Erlaubnis seines Doktors gehandelt".

Murray: Propofol war Wunsch Jacksons

Murray bestreitet nicht, Jackson mit Propofol behandelt zu haben. Dies sei allerdings auf dessen ausdrücklichen Wunsch geschehen. Die Wirkung der Medikamente sei so stark gewesen, dass Jackson sofort tot gewesen sei. "Er starb so schnell, dass er nicht einmal die Zeit hatte, seine Augen zu schließen", sagte der Verteidiger.

Bei einem Schuldspruch drohen Murray bis zu vier Jahre Haft. Zum Prozessbeginn erschien auch die Familie des verstorbenen Popstars. Neben Jacksons Eltern Katherine und Joe kamen auch seine Geschwister Janet, La Toya, Randy, Jermaine und Tito: Janet trug ein schwarzes Kleid, La Toya hielt eine Sonnenblume in der Hand.

Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich seit dem frühen Morgen 300 Menschen versammelt. Viele standen Schlange, um einen der sechs für Zuschauer reservierten Plätze zu ergattern. Einige Fans riefen "Gerechtigkeit für Michael" und hielten Plakate hoch, auf denen Murray als "Tier" und "Monster" bezeichnet wurde.

Der Prozess wird von Fernsehsendern und im Internet live übertragen und soll voraussichtlich fünf Wochen dauern.

© dpa/AFP/dapd/moe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: