Prozess auf Mallorca:Spanische Justiz will deutschen Hells-Angels-Boss anklagen

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Hüne in Handschellen: Frank Hanebuth, mutmaßlicher Kopf der Hells Angels auf Mallorca wird zum Gericht geführt. (Foto: Montserrat T Diez/dpa)
  • Die spanische Justiz will dem ehemaligen Hells-Angels-Boss von Hannover, Frank Hanebuth, den Prozess machen.
  • Ihm wird unter anderem Zwangsprostitution, Menschenhandel, Erpressung, Freiheitsberaubung und Geldwäsche vorgeworfen.
  • Hanebuth soll nach der Auflösung der Hells Angels in Hannover einen Neuanfang in Mallorca versucht haben.
  • Er soll zum Beispiel den Plan gehabt haben, mit Schwarzgeldern auf Mallorca eine Formel-1-Rennstrecke zu bauen.

Anklage gegen Hells Angels in Spanien

Auf Mallorca hat Frank Hanebuth einst ein Luxusleben geführt, doch seit anderthalb Jahren sitzt der Rocker-Boss aus Hannover in Spanien in Untersuchungshaft. Jetzt will die spanische Justiz dem 50-Jährigen sowie 54 weiteren Mitgliedern und Helfern der Hells Angels den Prozess machen. 18 Monate nach einer Großrazzia der Polizei auf Mallorca hat der Ermittlungsrichter Eloy Velasco seine Untersuchungen für beendet erklärt.

Im spanischen Rechtssystem führt nicht ein Staatsanwalt, sondern ein Richter die Ermittlungen. Dieser Richter entscheidet auch darüber, ob Anklage erhoben und ein Prozess eröffnet wird. Richter Velasco forderte in seinem Bericht nun die Staatsanwaltschaft auf, innerhalb von zwei Wochen ihre Anklageschrift gegen Hanebuth vorzulegen.

"Es ist sehr erfreulich, dass endlich der Abschlussbericht vorliegt und Bewegung in die Sache kommt", sagte Hanebuths deutscher Anwalt Götz von Fromberg in Hannover. Er kenne den Bericht aber noch nicht.

Die Vorwürfe gegen Hanebuth

In seinem Abschlussbericht stuft er die Hells Angels als eine kriminelle Organisation ein, die sich auf der Mittelmeerinsel vor allem mit der sexuellen Ausbeutung von Frauen finanziert habe. Dem bulligen Zwei-Meter-Mann Hanebuth legt der Richter zur Last, an der Spitze einer Gang gestanden zu haben, die Frauen zur Prostitution gezwungen habe.

Darüber hinaus hätten der Rocker-Boss und seine Komplizen auf der Ferieninsel auch andere Wege gesucht, Geld zu machen, heißt es in dem Bericht. Sie sollen Schutzgelder erpresst und Scheinfirmen gegründet haben, um in betrügerischer Weise an Kredite zu kommen. Ihnen wird außerdem Menschenhandel, Erpressung, Freiheitsberaubung und Geldwäsche vorgeworfen. Ihre Organisation habe sich auf ein Netz von Helfern gestützt, dem auch drei Polizeibeamte angehört hätten.

Ermittlungen in Hannover

Hanebuth war nach Ansicht des Ermittlungsrichters einer der führenden Köpfe der Hells Angels in Europa. Hannover verlies der Rocker-Boss im Juni 2012 - zuvor hatten sich GSG9-Spezialkräfte auf seinem Anwesen von einem Hubschrauber abgeseilt, die Tore aufgerammt und einen Hund erschossen. Hanebuth wurde verdächtigt, Drahtzieher eines Auftragsmordes zu sein - jedoch stellte die Staatsanwaltschaft Kiel die Ermittlungen im April 2013 mangels eines Tatnachweises ein.

Neuanfang auf Mallorca

Die Hells-Angels-Ortsgruppe in Hannover (auch "Charter" genannt) löste sich kurz nach dem spektakulären Einsatz gegen den Clubchef auf. Und Hanebuth versuchte allem Anschein nach auf Mallorca einen Neuanfang. Seine Organisation auf der Lieblingsinsel der Deutschen wurde aber schon nach wenigen Monaten zerschlagen. Bei einer Großrazzia unter dem Codenamen "Casablanca" nahm die spanische Polizei im Juli 2013 Hanebuth und 24 mutmaßliche Komplizen fest. Später folgten weitere Festnahmen.

Die Hells Angels hätten auf Mallorca mit Millionensummen jongliert und auf einem Anwesen residiert, dessen Wert auf 2,5 Millionen Euro geschätzt wird, teilte die Polizei damals mit. Nach einer Mitteilung des spanischen Innenministeriums sollen Hanebuth & Co. sogar den Plan gehabt haben, mit Schwarzgeldern aus Deutschland und der Türkei auf Mallorca eine Formel-1-Rennstrecke zu bauen. Hanebuth hatte die Vorwürfe stets bestritten.

Sieben Motorräder der Hells Angels, die die Polizei bei der Razzia beschlagnahmt hatten, wurden im Dezember 2014 versteigert. Die Einnahmen sollen zur Begleichung möglicher Schadensersatzansprüche verwendet werden. Mehrere Autos der Hells Angels werden von der Polizei als Dienstfahrzeuge genutzt.

In Spanien sind die Hells Angels weniger präsent als in anderen Ländern. Die 2013 zerschlagene Gruppe auf Mallorca war nach Polizeiangaben die größte des Landes. Spanische Medien führten das Auftreten der Rocker auf der Balearen-Insel damals darauf zurück, dass die Rocker sich in Deutschland von der Polizei und der Justiz so sehr unter Druck gesetzt gesehen hätten, dass sie auf Mallorca Zuflucht gesucht hätten.

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