Protest gegen McDonald's in Kreuzberg:Bürger gegen Burger

Lesezeit: 2 min

McDonald's will im multikulturellen Kreuzberg eine Filiale eröffnen. Dagegen formiert sich Widerstand - mit deutlichen Drohungen: "Dann wird Kreuzberg zu Heiligendamm."

Andreas Schubert

Irgendwann musste der Tag X ja kommen. Der Tag, an dem die weltweit größte Burgerkette McDonald's sich im Berliner Stadtteil Kreuzberg, einer der letzten Big-Mäc-freien Zonen der Hauptstadt, ansiedeln würde. Im August soll das Restaurant eröffnen - es wäre das 41. in der Stadt.

Doch seit gut zwei Wochen formiert sich Widerstand im "Wrangelkiez", einer Gegend, die vor allem von kleinen Läden, Restaurants und Dönerbuden dominiert wird. Inzwischen tobt ein regelrechter Kulturkampf zwischen alternativen Kreuzbergern und dem Fastfood-Giganten, dessen Sympathisanten ihrerseits auf die "militanten Ökospießer" schimpfen.

"Kreuzberg wird Heiligendamm"

Der gereizte Tonfall zeigt, dass es nicht nur darum geht, ein Restaurant zu verhindern: Traditionell steht McDonald's ganz oben auf der Feindbildliste von Globalisierungsgegnern, Autonomen und ganz normalen Alternativen. "Ronald McDonald pass bloß auf! Hier brennt die Luft!!!" drohen anonyme Blogger auf der Internetseite "myspace.com/mcrisiko", daneben sind Bilder brennender McDonald's-Filialen zu sehen.

Sarah Miller, 29, Gründerin einer noch namenlosen Bürgerinitiative, verkündet markig: "Mit einer solchen Filiale wird Kreuzberg zu Heiligendamm."

Und Martin Stern, Leiter eines Schulzentrums, das gegenüber dem Bauplatz liegt, bezeichnet die Pläne des US-Konzerns als "Provokation". Er bangt gar um seine "Schulkultur" für den Fall, dass die Schulmensa wegen der Burgerkonkurrenz pleite geht.

Im Internetforum "keinmcdoofinkreuzberg.de" tauschen sich die Gegner über jeden gefällten Baum auf dem Grundstück der "Burgerbande" aus. Manche Mails enden mit "kämpferischen Grüßen".

Doch noch ist der Protest friedlich. Bei der ersten Demonstration sitzen 40 McDonald's -Gegner beim Picknick mit Vollkornbrot und Gurkenstäbchen vorm Bauzaun. Auf Luftballons steht "Bürger gegen Burger" oder "Ausbeutung hat einen Namen".

"McDonald's sehen überall gleich aus"

Für Philipp Raschdorff, 31, einem Sprecher der Initiative, steht fest, dass ein McDonald's "schon optisch" keinesfalls in die mit Klinkerhäusern bebaute Umgebung passt. Raschdorff ist vor zwei Jahren von der ostfriesischen Provinzstadt Aurich nach Kreuzberg gezogen. Jetzt will er die multikulturelle Atmosphäre seiner Wahlnachbarschaft unbedingt erhalten. "Ein McDonald's steht nicht für Vielfalt, die sehen überall gleich aus", findet Raschdorff.

Anwohner wie Sarah Miller fürchten nicht nur, dass der Kiez wegen des geplanten Autoschalters ("McDrive") mit Müll verdreckt wird. Sie sieht vor allem die Gefahr, dass sich die Jugendlichen aus der Nachbarschaft - im näheren Umkreis sind sieben Schulen - nur noch von Hamburgern ernähren. Viel besser sei es, an dieser Stelle einen "sozialen Jugendtreff" einzurichten, der gerne von McDonald's finanziert werden könne.

Unterstützung bekommen die McDonald's-Gegner vom Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele (Grüne), dem Direktkandidaten des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Vergangene Woche hat Ströbele, der nach eigener Aussage erst einmal in seinem Leben ein McDonald's-Restaurant betreten hat, Vertreter des US-Konzerns und der Initiative in seinem Büro zur Diskussion zusammengebracht. Der Politiker teilt die Bedenken der Burger-Gegner: "Ich denke, dass ein Aufenthaltsort für Jugendliche an dieser Stelle sinnvoller wäre."

Radikale Allianz von Bauern und Naturschützern

Bei McDonald's sieht man die Sache verständlicherweise etwas anders. Man habe, sagt Konzernsprecher Alexander Schramm, das an der verkehrsreichen Skalitzer Straße gelegene Areal schon vor fünf Jahren gekauft. "Der Widerstand kommt ein bisschen überraschend." Außerdem biete das Restaurant etwa 35 Arbeitsplätze und füge sich gut in die Umgebung ein. Auch der "Müllproblematik" werde man begegnen.

Widerstand ist der McDonald's-Konzern gewöhnt. So sah man sich vor Jahren im oberbayerischen Dorf Irschenberg einer radikalen Allianz von Bauern und Naturschützern gegenüber. Es ging um ein Restaurant in idyllischer Lage an der Autobahn 8. Die damaligen Gegner unterlagen. Auch heute nimmt Konzernsprecher Schramm die Proteste gelassen. Er sagt: "Meistens können wir die Bedenken gegen uns ausräumen."

© SZ vom 25. Mai 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: